Jesus

Morgenandacht
Jesus
10.08.2017 - 06:35
08.08.2017
Pfarrerin Lucie Panzer

„Welche Impulse kann die Kirche geben für ein gelungenes Miteinander in unserer Gesellschaft.“ Darüber sollte ich reden beim Frauenmahl in einer Kleinstadt in der Nähe von Stuttgart.

 

150 Frauen hatten sich angemeldet. Frauenmahle sind im Trend. Es gab gutes Essen, 4 Gänge. Und dazwischen 4 kurze Reden von Frauen: Eine Hebamme, eine Lehrerin, eine Politikerin und ich als Pfarrerin waren dazu eingeladen.

 

Ich habe natürlich ein paar von den Dingen aufgezählt, die Kirchen tun: Kindergärten und Schulen, Altersheime und Diakoniestationen, Hospize und Obdachlosenbetreuung, Entwicklungshilfe und Vesperkirchen… die Zuhörerinnen haben wohlwollend genickt. Jawohl, die Kirchen tun eine Menge, damit unser Zusammenleben gelingt.

 

Aber gefragt war ich nach Impulsen. Impulse, Anregungen also für jeden einzelnen. Was kann ich als einzelne Frau, als einzelner Mensch tun für das Miteinander in der Familie, im Verein, im Dorf oder der Stadt? Welche Impulse kommen da von der Kirche?

 

Da können die Kirchen eigentlich nur die Impulse weitergeben, die schon Jesus seinen Zuhörern genannt hat, habe ich gesagt. Und ein paar aufgezählt:

 

Die Sanftmütigen helfen, dass das Leben gelingt, hat Jesus gesagt. Das sind nicht die, die sich alles gefallen lassen. Auch nicht die, die zu allem schweigen und Ja und Amen sagen. Aber die sich bemühen, den richtigen Ton zu finden, den Ton, der nicht fertig macht, sondern aufbaut und Mut macht. Die Sanftmütigen bringen unser Miteinander voran.

 

Jesus hat auch von denen geredet, die vor Gott arm sind. Ich glaube, damit hat er die gemeint, die Zweifel haben und gar nicht so sicher sind, auch nicht was ihren Glauben betrifft. Die das Elend in der Welt sehen und sich immer wieder fragen: „warum lässt Gott das zu?“ Ich glaube, er hat gemeint: wenn die sich trauen, von ihren Zweifeln zu reden: dann werden sie Menschen finden, mit denen zusammen sie nach dem richtigen Weg suchen können.

 

Und die ein reines Herz haben sind wichtig, hat Jesus gesagt. Die ohne Hintergedanken sind bei dem, was sie tun. Die nicht am Ende bloß ein gutes Geschäft machen wollen mit der Hilfe für andere. Und die deshalb auch nicht anderen gleich misstrauen und ihnen fiese Hintergedanken unterstellen.

 

Solche Menschen helfen, dass wir gut miteinander leben können.

 

Hinterher hat mir eine Zuhörerin gesagt: Das war ja alles ganz richtig und vernünftig und inspirierend. Man braucht ja auch Werte für das Zusammenleben, da haben Sie Recht. Aber immer wenn Sie von Jesus geredet haben – dann bin ich irgendwie zusammen gezuckt. Reicht es denn nicht, wenn Sie von den Werten reden, die Sie wichtig finden? Die können alle unterschreiben. Aber „Jesus“ – das ist doch dann nur was für die Kirchgänger und für die besonders Frommen. Das lehnen viele ab.

 

Ich fand das bemerkenswert. Werte ja – aber Jesus Nein danke.

Darüber habe ich noch tagelang nachgedacht. Auch, warum mir das so wichtig ist, Jesus zu nennen, der in seiner Bergpredigt von den Sanftmütigen, den geistlich Armen und den Menschen mit reinem Herzen gesprochen hat.

 

Erstens finde ich es ehrlich und wichtig, die Quelle zu nennen, von der ich meine Gedanken habe. Wer den Ursprung seiner Gedanken verschleiert, der hat meistens einen Grund dazu. Der will nicht, dass klar wird, woher der Wind weht. Ich meine aber, die Zuhörenden sollten wissen, woher meine Gedanken kommen. Und auch, dass ich sie mir nicht selber ausgedacht habe.

 

Und zweitens glaube ich, dass es nicht ausreicht, wenn ein Gedanke vernünftig ist und dem gesunden Menschenverstand plausibel. Vernünftig wäre es, die Kosten und die Wirtschaftlichkeit als obersten Maßstab zu nehmen bei allem, was geregelt werden muss. Aber ist das auch menschlich? Ist das wünschenswert?

 

Die Vernunft darf nicht der einzige Maßstab sein für menschliches Verhalten und Tun. Deshalb berufe ich mich auf Jesus. Er hat gelebt, was ein Sanftmütiger ist oder ein Mensch ohne Hintergedanken. Sich an ihm zu orientieren – das hat mit gutem Glauben zu tun. Und ich finde, das ist ein wichtiger Impuls für das Miteinander in unserer Gesellschaft.

08.08.2017
Pfarrerin Lucie Panzer