Bewahren

Wort zum Tage
Bewahren
05.01.2018 - 06:20
16.12.2017
Pfarrerin Barbara Manterfeld-Wormit
Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

Wenn die Tage nasskalt und grau sind - ohne die festlichen Höhepunkte von Weihnachten und Silvester, dann braucht man einen langen Atem. Und kurze Lichtblicke. Ich versetze mich jeden Morgen für einen kostbaren Moment zurück in den vergangenen Sommer: Sonne, Meer, Olivenbäume. Ein Stück echter Olivenseife erinnert mich an meinen Urlaub in Griechenland. Doch langsam entgleitet mir die Erinnerung – im wahrsten Sinne des Wortes: Die Seife ist glitschig, sie zerfällt in ihre Einzelteile, flutscht durch meine Finger. Wie gut wäre es jetzt, etwas zu haben, was es heute so nicht mehr gibt: einen Seifenhandschuh. Meine Großeltern besaßen so etwas: Hinein kamen Seifenreste, dann wurde das Ganze oben zugebunden. Das gute Stück baumelte an der Badewannenarmatur und bereitete uns als Kindern ein diebisches Vergnügen, wenn wir uns damit einseiften von Kopf bis Fuß, dass es nur so schäumte. Nur in der Badewanne von Oma und Opa gab es das: ein Stück aus Kriegs- und Nachkriegszeiten, wo Dinge kostbar waren und man nichts wegwarf, auch den kleinsten Seifenrest nicht. Eine nützliche Erfindung und ein schönes Spielzeug noch dazu. Schade, dass es so etwas heute nicht mehr gibt. Und so stehe ich nun da vor dem Badezimmerspiegel am Waschbecken und klaube die letzten Reste meiner Urlaubsseife aus der Seifenschale. Zu nichts mehr zu gebrauchen und doch zu schade zum Wegwerfen.

 

Manche Dinge aus der Vergangenheit vermisst man - nicht nur, weil sie praktisch waren. Sie stehen für eine ganz bestimmte Haltung. Für ein Lebensgefühl. In Zeiten einer Wegwerfgesellschaft, wo aufheben sich nicht lohnt und bloß Neues und Größeres zählt, spricht der Seifenhandschuh eine andere Sprache. Er erinnert daran: Auch was klein und unscheinbar erscheint, erfüllt doch einen Zweck. Und was für ein Stück Seife gilt, das sollte doch erst recht für uns Menschen gelten. Die Bibel jedenfalls singt ein Loblied auf das Kleine und auf die Kleinen: Jesus stellt ein Kind in die Mitte der Jünger und sagt: Wer der Kleinste unter Euch ist, der ist groß! Und im Buch des Propheten Jesaja heißt es: Das geknickte Rohr wird Gott nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.

 

Es ist ein Loblied auf das Kleine, das hier gesungen wird. Ein gnädiges Lied. Wir sollten es öfter singen in einer oft gnadenlosen Zeit.

16.12.2017
Pfarrerin Barbara Manterfeld-Wormit