Conflict kitchen

Wort zum Tage
Conflict kitchen
07.12.2016 - 06:23
02.12.2016
Pfarrerin Kathrin Oxen

Eine Tafel mit dem Angebot, ein paar Stühle und Tische davor. Was wie ein gewöhnlicher Imbiss am Straßenrand aussieht, ist ein Kunstprojekt. Alle sechs Monate wechselt in der conflict kitchen in Pittsburgh die Speisekarte. Angeboten werden nur Gerichte aus Ländern, mit denen die USA im Konflikt sind. Der Iran, Afghanistan, Kuba, Palästina und Nordkorea waren schon dran. Mein Anderer Advent-Kalender hat mir heute diesen ungewöhnlichen Imbiss vorgestellt. Das Ziel dieser Kunstaktion ist – um ein etwas angestaubtes Wort zu gebrauchen – die Völkerverständigung. Etwas schmecken von der Lebensart und Kultur anderer Länder und ihnen damit näherkommen.

So ganz neu ist die Idee nicht, finde ich. Völkerverständigung lief doch schon immer auch übers Essen. Mit den sogenannten „Gastarbeitern“ kamen vor Jahrzehnten die italienischen und griechischen Restaurants nach Deutschland, danach die türkischen Imbisse. Heute sind sie nicht mehr wegzudenken. Die Vielfalt der unterschiedlichen Küchen ist für jede Stadt eine Bereicherung. Wer will denn schon immer nur Bratwurst, Pommes oder Currywurst essen? Oder, mal mit ein bisschen mehr Chili formuliert: Wer meint, „gegen Ausländer“ sein zu müssen und sich dann beim Dönerstand anstellt, bekommt doch wohl ein heftiges Glaubwürdigkeitsproblem. Wenn man so will, ist jeder Dönerstand eigentlich auch so eine conflict kitchen.

In der Fußgängerzone hier in Wittenberg eröffnet demnächst ein Imbiss mit arabischer Küche. Ich freue mich darauf, denn ich mag die arabische Küche sehr und bisher musste ich dafür nach Berlin fahren. Nun sind es wahrscheinlich einige von den syrischen Flüchtlingen, die diesen Imbiss betreiben werden. Sie begegnen mir auf der Straße und haben in dünnen Plastiktüten Fladenbrot dabei. Ihnen geht es wie mir: Satt wird man von jedem Brot, aber nur bestimmtes Brot schmeckt nach Heimat, nährt den Leib und die Seele. Bald werden sie wissen, wo man es kaufen kann. Und ich kann es dort auch probieren.

Und wo wir schon beim Brot sind, gleich noch einen Schritt weiter: Wenn wir als Christen das Abendmahl feiern, dann hat das auch etwas mit Verständigung und Gemeinschaft zu tun. Zuerst geht es um Gemeinschaft mit Gott. Das Abendmahl ist so etwas wie die große conflict kitchen Gottes. Wir sehen und schmecken etwas von der Lebensart Gottes, wie freundlich Gott zu uns ist. Aber dann geht es auch um die Gemeinschaft untereinander. Bei Gott zu Tisch zu sein, das verbindet uns. Das sollte kein Grund für Streit und Trennung sein. Ich wünsche mir sehr, dass das gemeinsame Abendmahl für Katholiken und Protestanten überall möglich wird. Wir warten schon viel zu lange darauf.

02.12.2016
Pfarrerin Kathrin Oxen