Die Seele der Schöpfung

Wort zum Tage
Die Seele der Schöpfung
24.10.2017 - 06:20
18.10.2017
Pfarrer Michael Becker

Plötzlich war er da, der Horst Stern, Ende der sechziger Jahre. Und nannte seine Fernsehsendung „Sterns Stunde“. Vielleicht erinnern sich einige noch. Solche Tierfilme hatten wir damals noch nie gesehen. Die waren persönlich, sachlich, vor allem kritisch. Sterns Stunde schaute nicht nach Afrika oder Asien, er schaute hinter unsere Häuser und in unsere Wälder. Und es gab diese seltsamen Titel: Bemerkungen über ... das Hausschwein, den Rothirsch, die Bienen – und, in zwei Folgen: Bemerkungen über die Spinne.

 

Horst Stern wird heute 95 Jahre alt und lebt in Passau. Seine „Sterns Stunden“ habe ich gerne gesehen. Da ging es nicht um Tierromantik, die Schöpfung wurde nicht in rosarotes Licht getaucht. Vielmehr ging es um Wahrheit. Stern schimpfte schon über Tiertransporte durch halb Europa; er mahnte die Jäger, den Wald gründlich zu pflegen; und er zeigte mir, wie faszinierend und herrlich Spinnen sein können, die doch so viele fürchten. Sterns Stunden waren Höhepunkte im Fernsehen, und seine rauchige Stimme machte auch das Zuhören zum Vergnügen. Er redete nicht viel, aber deutlich.

 

Als kaum jemand von Naturschutz redete, hat Horst Stern schon davon gesprochen. Als viele noch immer größer, weiter, schneller leben wollten auf Kosten von Gottes guter Schöpfung, hat er schon den Finger gehoben und „Vorsicht!“ gesagt. Die Erde ist kein Krämerladen, aus dem man sich nach Herzenslust bedienen kann. Die Tiere, hat er gezeigt, haben alle immer ihre eigene Würde und sind nicht nur zum Kuscheln oder Verspeisen da. Sterns Stunden zeigten etwas von der Seele der Schöpfung. Das war damals neu und wunderschön. Und als er einmal einen Film über Gämsen zeigt und wie sie waghalsig im Gebirge herum springen, da jauchzt sogar seine Stimme bei jedem Sprung. Die Natur braucht uns Menschen nicht, ahnte man bei den Filmen. Wir Menschen aber brauchen sie. Wir dürfen sie nutzen, haben sie dabei aber zu achten und zu pflegen. Bei jedem Einkauf, jedem Flug. Danke, Horst Stern, dass Sie mir damals ein wenig die Augen geöffnet haben für so viel Glanz und Schönheit. Und einen herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag heute.

18.10.2017
Pfarrer Michael Becker