Ein Grundstein für Zuversicht

Wort zum Tage
Ein Grundstein für Zuversicht
27.10.2017 - 06:20
18.10.2017
Pfarrer Michael Becker

Einem Kind den Schrecken nehmen ist große Kunst. Je größer der Schrecken, desto größer muss die Kunst sein. Und was erst, wenn der Schrecken zum Tod führen kann?

 

So ist es bei Vater Guido und seiner Familie. Sie leben in Frieden. Der kleine Sohn spielt gerne mit seinem Panzer, aber na ja. Er ist vier Jahre und unschuldig. Die Eltern sind Juden, arbeiten gerne und lieben sich. Das Leben ist schön. Bis die Nationalsozialisten kommen und alle ins Lager sperren. Vater, Mutter, Kind. Der Junge ist beim Vater. Die Mutter bei den Frauen im anderen Lager. Es gibt Tod und Gewalt. Die Schrecken des Kindes sind groß. Vater Guido aber kennt die Kunst, Schrecken zu nehmen. Und erzählt dem Sohn, alles sei ein Spiel; ein wichtiger Wettbewerb. Wer den gewinnt, bekommt einen Panzer. Geschenkt. Und zwar einen richtigen, nicht einen kleinen aus Holz. Das Kind verliert seine Schrecken. Der Vater spielt. Andere Gefangene spielen mit. Nach ein paar Monaten wird Vater Guido erschossen. Und die Amerikaner kommen zur Befreiung. Als das Kind aus dem Lager kommt, sieht es als erstes – einen großen Panzer. Nun weiß es: w i r haben gewonnen.

 

„Das Leben ist schön“ heißt der Film aus dem Jahr 1997. Er erhielt vier Oscars. Der Verfasser des Drehbuchs und Hauptdarsteller, Roberto Benigni, wird heute 65 Jahre alt. Das Leben war natürlich nicht schön. Es war grausam im Dritten Reich, voller Gewalt und Blut. Soll das ein Kind wissen? Nein, sagt der Vater. Es soll nicht mit Schrecken groß werden. Und macht etwas einmalig Schönes aus dem Hässlichen: Ein großes Spiel, das der Junge am Ende gewinnt. Wenn er groß ist und den Vater vermisst, wird er die Wahrheit erfahren. Jetzt noch nicht. Nicht mit vier Jahren. Er soll glauben dürfen: Das Leben ist schön. Wenn er das glaubt, lebt er besser, wird geborgen groß, glaubt eher an Menschen und die Liebe. Wer behütet wird, kann andere beschützen. Wer Liebe erlebt hat, kann leichter an Gott glauben. Das will der Vater mit seinem Opfer. Einen Grundstein legen für Zuversicht. Für mehr Gottvertrauen und Liebe. Die Schrecken kommen früh genug. Das Kind soll noch keine haben. Einander die Schrecken nehmen ist große Kunst.

18.10.2017
Pfarrer Michael Becker