Kleiner Glaube, starke Hände!

Wort zum Tage
Kleiner Glaube, starke Hände!
27.03.2017 - 06:20
27.03.2017
Pfarrerin Christina-Maria Bammel

Die Leinwand ist in tausend Varianten von Blau getaucht. Wilde blaue Pinselstriche wirken wie übereinander gelegt und scheinen regelrecht aus dem Bild herauszutreten. Ins Schwarz gehende kräftige Bögen durchbrechen das Blau. Stürmisch muss der Pinsel über das Bild gezogen sein. Sturm ist der erste Gedanke beim Blick aufs Bild. Und die Übergröße des Gemäldes gibt mir das Gefühl, in diesem blau-schwarzen Meer von Farbe könnte ich versinken. Für einen Augenblick schließe ich die Augen und sehe alles vor mir: Die Panik und die Todesängste auf dem Boot. Wie eine Nussschale wird es von den Fluten hin und her gerissen. Das Wasser spritzt ins Bootsinnere. Keine trockne Faser mehr am Körper. Alles durchnässt. Gegensteuern ist sinnlos. Wasser und Wind sind übermächtig. Stärker als die paar Menschenkräfte an Bord; und das rettende Ufer zu weit weg. Das erzählt das Bild; und erzählt die Bibel. Wie sehr die Männer sich erschrocken haben, als sie dann eine Gestalt über das Wasser kommen sahen. Ein Geist? Aber dann hören sie die Stimme der Gestalt: Fürchtet euch nicht. So klingt nur Jesus. Und tatsächlich, er ist es. Die Männer können´s nicht glauben. Sie reißen die Augen auf. Und einer, Petrus, jubelt laut auf und ruft zurück: Ich komme jetzt auf den Wogen zu dir, Jesus. Petrus geht los und spürt, wie er über sich hinauswächst. Doch wenn die Aktion nur Enthusiasmus ohne Halt unter den Füßen ist? Im Augenblick der Frage beginnt er zu sinken. Nirgends kann er sich festhalten, und der Kopf bleibt nicht über Wasser. Er hätte es wissen müssen, denkt er noch; übers Wasser laufen kann nur ein Gott – und er, Petrus, bleibt ein kleiner, normaler Mensch. Dann schlagen die Wellen über ihm zusammen. Zu klein der Glaube und die Kraft. Aber unwahrscheinlich groß die Hände, die da plötzlich nach ihm greifen und ihn hochziehen. Er schnappt nach Luft und sieht über sich den, dessen Stimme ihm so vertraut ist: Jesus. Jetzt geht alles sehr schnell. Das Wetter schlägt um, Petrus spürt wieder tragenden Grund unter sich. Aber diese beiden Hände Jesu, die ihm in der Rettungssekunde riesig schienen, auf die sieht er, noch sprachlos. Sollten ihn diese Hände aus dem Wasser gezogen haben? Selbst als Jesus ihn fragt: Warum zweifelst du? Hat Petrus noch keine Worte, geschweige denn eine Antwort dafür. Auf den zweiten Blick gibt das riesige blauschwarze Gemälde dann zwei Hände zu erkennen – sie liegen behutsam auf den Schultern eines völlig erschöpften, triefnassen Menschen. Im Augenblick der Rettung zwei Hände größer als deine Erschöpfung und als dein Glaube sowieso. Wenn du ahnst, heute wird es schwerer als sonst. Kann sein, die Wellen schlagen über dir zusammen, dann ist dieses Bild wie gemacht für dich.

27.03.2017
Pfarrerin Christina-Maria Bammel