Singt dem Herrn ein neues Lied!

Rundfunkgottesdienst aus der Evangelisch-Methodistischen Kirche in Minden
Singt dem Herrn ein neues Lied!
Rundfunkgottesdienst aus der Evangelisch-Methodistischen Kirche in Minden
19.05.2019 - 10:05
07.02.2019
Nicole Bernardy
Über die Sendung

Wann singe ich? Was bedeutet Singen für mein Leben? Wie wirkt Gesang? So fragt die Pastorin in ihrer Predigt. Und erinnert zum Beispiel an den Apostel Paulus: Der hat sich mit seinem Freund Silas einmal nur durch Singen aus einer recht prekären Situation gerettet und dabei gleich noch ein paar andere Leute für den christlichen Glauben eingenommen.

„Singt dem Herrn ein neues Lied!“ Der Wochenspruch zum Sonntag Kantate ist zugleich ist das Motto dieses Gottesdienstes.

 

Die evangelisch-methodistische Gemeinde in Minden, zu der sich etwa 150 Menschen zählen, empfindet sich als „Gemeinde mit Herz“. Sie ist seit einigen Jahren in den Räumen der Landeskirchlichen Gemeinschaft zuhause. Das schöne alte Gemeinschaftshaus in der Mindener Marienstraße bietet beiden Gemeinden Platz – auch für gemeinsame Gottesdienste. So auch an diesem Sonntag. Pastorin Nicole Bernardy und ihre Familie gestalten den Gottesdienst - auch musikalisch, mit neuen und vertrauten Liedern. Die sollen nicht nur ins Ohr gehen, sondern möglichst auch das Herz beflügeln.

 

 

Folgende Lieder werden von der Gemeinde im Gottesdienst gesungen:

Morgenlicht leuchtet, EG 455

Lobe den Herrn, meine Seele, EmG 15

Ich sing dir mein Lied, EmG 22

Ich singe dir mit Herz und Mund, EG 324

 

 

Gottesdienst nachhören

 

Den Gottesdienstmitschnitt finden Sie auch direkt unter http://www.deutschlandradio.de/audio-archiv.260.de.html?drau:broadcast_id=122

Predigt zum Nachlesen

Das war ein Tag! Paulus und Silas, Gemeindegründer der ersten Stunde, waren unterwegs in Philippi. Und egal, wo sie auftauchten, immer wieder begegneten sie dieser Frau. Ständig rief sie:

»Diese Männer sind Diener des höchsten Gottes und sind gekommen, um euch zu sagen, wie ihr gerettet werden könnt.«

Wenn es damals vor 2000 Jahren den Begriff „Stalkerin“ gegeben hätte, Paulus hätte sofort gesagt, sie ist eine.

Das ist aber auch anstrengend! Paulus und Silas haben den Leuten ja schon von Gott erzählt. Aber immer wieder in der Öffentlichkeit darauf angesprochen, angeschrien zu werden, das ist anstrengend.

Irgendwann reicht es Paulus. Wahrsager gab es viele, aber so?

Paulus ist so genervt, dass er Gott bittet: „Bitte, mach sie gesund. Lass sie aufhören mit der Wahrsagerei.“

Und tatsächlich – plötzlich ist ihre Fähigkeit dahin. Damit ist leider auch ihre Einnahmequelle versiegt – und die ihrer Drahtzieher im Hintergrund. Die haben mit ihrer Fähigkeit bisher gut verdient! Sie finden es alles andere als witzig, dass Paulus ihnen das Geschäft kaputt gemacht hat.

Das lassen sie sich nicht gefallen. Sie lassen ihre Kontakte spielen. Voller Wut zerren sie Paulus und Silas vor die Oberen der Stadt. Die beiden Jesus-Nachfolger werden gefoltert und landen im Knast.

 

Die Männer hinter der Wahrsagerin sind Sklavenhalter. Das klingt antik – aber so etwas wie Sklaverei gibt es auch heute noch. Bei der Predigtvorbereitung fiel mir ein Bericht in die Hände von Frauen in Saudi-Arabien. Erschreckend! Ohne Erlaubnis der Männer ihrer Familie dürfen sie sich nicht in der Öffentlichkeit bewegen. Sie dürfen ohne deren Genehmigung noch nicht mal einen Pass beantragen. Drei Frauen wurden geschildert, nur einer ist die Flucht gelungen, sie lebt heute in Kanada. Die anderen wurden von ihren Familien von ausländischen Flughäfen zurückgeholt, Haft und Folter sind Strafe für die Flucht. Die Frauen können sich nicht wehren. Und das ist nur ein Beispiel für moderne Sklaverei.

Wenn ohnehin schon mächtigen Menschen etwas von ihrer Macht abhanden zu kommen droht, dann wehren sie sich. Sie setzen alle Hebel in Bewegung, damit sie ihre Macht erhalten. Das war zu biblischen Zeiten so. Das ist es bis heute noch.

 

Die Sklavenhalter damals haben Erfolg: Paulus und Silas landen im Knast. Die haben sie erledigt. Denken sie.

 

 

 

Das war was! Paulus und Silas im Gefängnis, gefoltert und geschlagen, angekettet. Lukas hat das in der Apostelgeschichte deutlich beschrieben.

 

Ganz ehrlich – ich weiß nicht, ob ich da singen könnte. Die Schläge brennen noch auf der Haut. Die Füße im Block gefesselt, weglaufen unmöglich. Schrecklich! Kein Vergleich mit hiesigen Gefängnissen. Menschenrechte – unbekannt. Folter – gehört dazu. Kein Anwalt in Sicht. Hoffnungslos.

Dabei sind die beiden im Auftrag des Herrn unterwegs. So haben sie sich das sicher nicht vorgestellt.

Sie beginnen zu beten. Das kann ich gut verstehen. Wenn es mir dreckig geht, bete ich auch. Ich klage Gott mein Leid, meine Not und hoffe darauf, dass er hilft.

Paulus und Silas führt das Gebet ins Lob Gottes. Sie beginnen zu singen. Was lässt diese beiden Männer singen? Noch dazu so laut, dass alle im Gefängnis das hören?

Ich glaube, sie haben gespürt, dass Gott dabei ist. Ihr Leben ist so anders geworden, seit sie für Gott unterwegs sind. Die beiden sind begeistert – im wahrsten Sinne des Wortes. Gottes Geist ist in ihnen. Sie sind so erfüllt von ihrer Erkenntnis, dass Jesus lebt. Sie haben ihn in ihrem eigenen Leben gespürt. Immer wieder sind sie mit Christen zusammengekommen und haben sich gegenseitig erzählt, wo sie Gott erfahren haben. Sie haben erlebt, dass andere sich von ihrer Begeisterung ansprechen ließen. Viele haben sich taufen lassen. Naja, die hier in Philippi erst mal nicht.

Paulus und Silas beten. Sie reden mit Gott. Vielleicht klagen sie. Vielleicht bitten sie auch für die Gefangenen im Gefängnis. Für die Aufseher. Für ihre Ankläger. Sie sind sich so sicher, dass Gott sie hört, dass sie anfangen, Gott Loblieder zu singen.

In Psalm 30 heißt es, „Du hast meine Klage in einen Reigen, in einen Tanz verwandelt.“ Manchmal verändert sich mein Gebet. Ganz allmählich fange ich an, von mir wegzusehen, ich fange an, Gott zu loben. Und ich merke, das tut mir gut. Weil ich nicht mehr nur auf mich sehe. Weil ich wieder weiß: Gott ist es, der mein Leben in seiner Hand hält. Selbst jetzt, wo alles vorbei zu sein scheint. Wo ich am Ende bin. Gott ist da.

 

 

Paulus und Silas sitzen im Gefängnis. Alle Lebenspläne – dahin. Jetzt heißt es überleben. Sie fangen an zu beten. Und dann loben sie Gott.

 

Das Wunder geschieht: Die Erde bebt, die Fesseln fallen ab. Sie könnten gehen. Aber das tun sie nicht. Sie vertrauen darauf, dass jetzt alles gut wird.

Der Gefängnisvorsteher hat weniger Vertrauen. Für ihn ist klar: Die Gefangenen sind weg. Er will sich lieber das Leben nehmen, als selbst hier zu landen. Im Knast. Diese Schande! Doch dann hört er Paulus und die anderen – es sind noch alle da.

 

Für ihn ist dies das große Wunder. Kein Mensch bleibt freiwillig im Gefängnis. In diesem schon gar nicht. Ist hier eine höhere Macht am Werk?

Paulus und Silas erzählen ihm von Jesus. Sie erzählen, dass er der Weg ist, der zu Gott führt. Sie erzählen von der Taufe, von den Treffen der ersten Christen. Sie machen dem Aufseher und seinen Leuten viel Mut.

 

Und jetzt passiert noch ein Wunder:

Die Leute lassen sich taufen. Einfach so. Ohne Glaubenskurs. Ohne Unterricht. Paulus und Silas erzählen so lebendig von Gott, ihre Begeisterung ist mit Händen zu greifen.

Ich glaube, es war damals eine ganz besondere Situation. Gott hat eingegriffen. Gott hat diesen Gefängnisaufseher und seine Familie, seine Angestellten angesprochen.

Wir versuchen heute eine ganze Menge. Wir probieren in den verschiedenen Kirchen unterschiedliche Gemeindekonzepte aus. Wir machen Krabbelgottesdienste, Schulgottesdienste, Jugendgottesdienste neben den ganz normalen Gottesdiensten. Wir versuchen viel, um Menschen in Kontakt mit Gott zu bringen.

Auch heute spielt die Musik dabei eine wichtige Rolle. Und das gilt für alle Generationen. Ältere Menschen lieben die Lieder, die in ihrer Jugendzeit „in“ waren. Für andere ist nur klassische Musik, von Johann Sebastian Bach zum Beispiel, Musik, durch die sie Gott begegnen. Junge Leute verstehen die alten Texte kaum noch. Ihre Musik klingt ganz anders. Womöglich auch noch englisch. Begeistert kommen sie von Freizeiten zurück, gehen auf (christliche) Konzerte, bringen neue Lieder mit. Jede Generation hat ihre eigene Musik, die ihr Kraft gibt und Mut schenkt.

 

Das alles reicht aber nicht. Wir sind heute so wie damals Paulus und Silas darauf angewiesen, dass Gott eingreift. Ganz persönlich in mein Leben. Dass die Mauern, die mich einengen, einstürzen. Vor allem die, die ich selbst aufgebaut habe. Dass er Freiheit schenkt, wo ich mich nur noch eingeengt oder versklavt fühle. Dass er mir in Krankheit und Leid beisteht und meine Schmerzen nimmt. Dass er meinen Blick weitet und ich nicht nur mich sehe, sondern auch die Menschen um mich her. Oft hilft mir die Musik dabei, mich in dieser Weise auf Gott einzulassen. Ich finde, Gott hat uns mit der Musik unheimlich viel geschenkt. Und manchmal hilft Gott durch die Musik, dass andere sich neu auf Gott einlassen. Ich finde, das ist das größte Geschenk.

Amen

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

07.02.2019
Nicole Bernardy