Sich im Ernst auf Gott einlassen

Sich im Ernst auf Gott einlassen

Bild: gemeinfrei via unsplash.com (Angelina Litvin)

Sich im Ernst auf Gott einlassen
Was von Karl Barth zu lernen bleibt
05.05.2019 - 07:05
07.02.2019
Angelika Obert und Christina-Maria Bammel
Über die Sendung:

Zwei Weltkriege und mehr als eine Katastrophe des 20. Jahrhunderts hatte er erlebt. Doch immer noch ging von ihm eine unverbrüchliche Zuversicht aus, eine Art Grundhumor. Dabei hätte er oft allen Grund gehabt, seinen Humor dranzugeben. 50 Jahre nach seinem Tod und 100 Jahre nach seinem bahnbrechenden Römerbrief-Kommentar wird in der Evangelischen Kirche kräftig an ihn erinnert und gefragt: Worum ging es diesem leidenschaftlichen Theologen? Was macht die Faszination seines Denkens aus?

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Neugierig und wach sind die Gesichtszüge des Mannes trotz der erkennbaren Altersspuren. Die kleinen Augen hinter der dicken Brille schauen den Betrachter fast vergnügt an. Eine Pfeife steckt im linken Mundwinkel. So fotografierte ihn das Wochenmagazin ‚Der Spiegel‘ ein Jahr vor seinem Ruhestand.

 

Es war das Gesicht des Schweizer Theologen Karl Barth. Zwei Weltkriege und mehr als eine Katastrophe des 20. Jahrhunderts hatte Gottes „fröhlicher Partisan“, wie der Spiegel titelte, erlebt. Doch immer noch ging von ihm eine unverbrüchliche Zuversicht aus, eine Art Grundhumor. Dabei hätte er oft allen Grund gehabt, seinen Humor dranzugeben.

 

Den einen war er mit seiner Theologie zum großen Vorbild geworden. Bis hin zur Pfeife im Mundwinkel wurde er nachgeahmt. Andere dagegen bekämpften ihn leidenschaftlich.

Mal wurde er als Bolschewik verhöhnt, mal wollte man ihm faschistische Denkmuster nachweisen. Doch Barth war ausgesprochen konfliktfreudig. Er ließ sich nicht mürbe machen, wenn er mit seiner Haltung und Einsicht allein auf weiter Flur stand: „Der einsame Vogel auf dem Dach“, wie er sich selbst einmal nannte.

 

In den letzten Jahren ist er in Deutschland hier und da in Vergessenheit geraten. Doch nun – 50 Jahre nach seinem Tod – wird in der Evangelischen Kirche kräftig an ihn erinnert. Man fragt wieder: Worum ging es diesem leidenschaftlichen Theologen? Was macht die Faszination seines theologischen Denkens aus?

 

Es fasziniert, wie Karl Barth mit der Rede von Gott ganz und gar ernst machte. Das bedeutete zunächst, einzugestehen, dass wir gar nicht wissen, was wir sagen, wenn wir Gott sagen. Wir weisen zwar Gott die höchste Stelle in unserer Welt zu. Aber damit halten wir ihn doch immer noch auf der menschlichen Linie. Wir ziehen Gott also unbedenklich in unsere Nähe, kritisierte Karl Barth:

„Wir erlauben uns, mit ihm zu rechnen, als ob das nichts Besonderes wäre. Wir wagen es, uns als seine Vertrauten, Gönner, Sachwalter und Unterhändler aufzuspielen. Wir verwechseln die Ewigkeit mit der Zeit. Das ist das Ehrfurchtslose unseres Gottesverhältnisses.“ (Kommentar Römerbrief, 1922, S. 21)

 

Gott muss jenseits der Welt gedacht werden als der Andere, den wir nicht voraussetzen können. Vielmehr ist es umgekehrt: Gott geht uns voraus. Und darum kann er in die jeweiligen Gegebenheiten der Kultur nicht einfach eingepasst werden.

 

Allerdings: Der Gott, der so ganz jenseits der Welt zu denken ist, hat sich von Anfang an entschlossen, auf die Seite der Menschen zu treten. Für Barth ist das Gottes große Freiheit, mitmenschlich zu werden. Der biblische Name Immanuel war ihm darum wichtig. Immanuel – Gott für uns und mit uns.

 

Gottes Menschenfreundlichkeit zeigt sich in Jesus Christus. Seine Wirklichkeit steht dafür, dass Gott kein fernes, unbestimmtes Wesen ist, sondern nah und verletzlich. Gott, heißt es bei Barth, können wir gar nicht anders kennen als den, der sich in Jesus Christus immer schon an die Menschen bindet. Der mit ihnen in Beziehung sein will. Ein „Partner“ aller Menschen.

 

Der menschenfreundliche Gott sagt Ja zu seiner Welt, aber Nein zu jedem Versuch, ihn auf eine bloße Idee zu reduzieren. Nein also auch zu all den religiösen Haltungen, in denen Menschen sich seiner bemächtigen. Wir können also nur paradox von Gott reden – oder „dialektisch“. Dieses Wort gab der theologischen Richtung, für die Karl Barth stand, den Namen: dialektische Theologie.

 

Geradezu revolutionär war es für viele, wie Karl Barth Gott neu zu verstehen suchte.

Dabei ging es ihm nur darum, die Bibel ernst zu nehmen als Gottes Wort, für das er als Pfarrer auf der Kanzel einzustehen hatte.

 

Und da war es Gottes Revolution, von der er sprach. Damit meinte er Gottes Reich, das alle Verhältnisse umkehrt. Nur Gott selbst kann es herbeiführen und mit ihm kommt ein Friede, den die Welt sich nicht selbst machen kann.

 

Nichts, was Menschen sich als ideal vorstellen, ist also schon als Gottes Reich zu beschreiben. Und keine religiöse Erfahrung, die Menschen machen, führt schon zu einer direkten Gotteserkenntnis. Gott ist für uns nicht zu haben. Er bleibt der Andere, aber nicht einfach als Souverän irgendwo weit weg. So ganz anders als wir ist Gott in seinem Entschluss, jeden Menschen bedingungslos zu lieben.

 

Wenn Karl Barth selbst davon sprach, klang es so:                                   

„Das Evangelium ist erstens die frohe Botschaft von Gottes Ja zum Menschen. Es ist zweitens die Botschaft, die die Gemeinde an die Welt weiterzugeben hat. Und es ist drittens die Botschaft aus der Höhe.“

                             

Wer sich auf Gott im Ernst einlässt, gewinnt Freiheit im Blick auf den Zustand der Welt und wird sich nicht mehr so leicht in den herrschenden Meinungen verirren. Karl Barth hat die christliche Freiheit nicht nur leidenschaftlich gelehrt, sondern Tag für Tag auch in ihr gelebt.

 

Das fing schon 1911 an, als er in Safenwil im Aargau seine erste Pfarrstelle übernahm. Da war er gerade mal 25 Jahre alt. Er würde nicht etwa von Gott reden, weil er Pfarrer sei, erklärte er in seiner Antrittspredigt, sondern weil ihm selbst das Wort Gottes zur Wahrheit geworden sei, zu dem, was sich für ihn bewährt hat. Darum könne er nicht anders als davon zu reden.

 

Und dann sah er sich schon bald noch vor ganz andere Herausforderungen gestellt. Denn Safenwil war eine Arbeitergemeinde. Die meisten Leute in dem kleinen Ort schufteten für einen Hungerlohn in Textilfabriken. Unmöglich war es da, fand der junge Barth, vom Willen Gottes zu sprechen und nichts gegen die große Armut zu tun. So begann er, sich mit Gewerkschaftsfragen zu beschäftigen, engagierte sich in der Arbeiterbewegung – und predigte sonntags klipp und klar: Jesus und der Kapitalismus gehen nicht zusammen. Die soziale Frage – sie sei das Wort Gottes in der Gegenwart.

 

Bald galt er im Ort als „Agitator“ und wurde bekannt als der „rote Pfarrer“. Er sympathisierte auch mit den religiösen Sozialisten, war aber vom Sozialismus schließlich genauso enttäuscht wie von der damaligen Theologie: Denn beide zeigten sich kriegsbegeistert und sahen im 1. Weltkrieg eine höhere Notwendigkeit.

 

Karl Barth, der mit seinem tiefen Glauben doch ein sehr rationaler Mensch war, konnte sich darüber nicht beruhigen. Für ihn war klar: Wer so verblendet ist, das Kriegserlebnis zu heiligen, muss falsch denken.

 

Und so begann er, noch einmal von vorn zu denken – zusammen mit seinem Freund Eduard Thurneysen den Römerbrief des Apostels Paulus neu durchzubuchstabieren – und den Gott zu entdecken, der sich nicht für Volk und Vaterland benutzen lässt.

 

Der Römerbrief-Kommentar, der dann daraus wurde, trug Karl Barth eine Professur ein – zunächst in Göttingen, dann in Münster und Bonn. Nun musste der Pfarrer das Lehren lernen, es fiel ihm nicht leicht, denn auch das nahm er ernst. So hielt er sich in den 20er Jahren politisch zurück, was er später bedauerte: Viel früher hätte er den Mund aufmachen müssen angesichts der bedrohlichen Entwicklung in Deutschland.

 

In jenen Jahren begann er das Mammutwerk, für das er berühmt wurde – die Kirchliche Dogmatik. 9000 Seiten, auf denen er seine Glaubenslehre entwickelte, die ganz auf Jesus Christus konzentriert war. Ein Werk, das nicht den Anspruch erhob, von Gott ganz allgemein zu handeln, sondern das für die theologische Klärung in der kirchlichen Arbeit bestimmt war.

 

Daran arbeitete er vierzig Jahre lang – immer im Austausch mit seinen Studierenden und begleitet von Mozarts Musik, die er sehr liebte. Vor allem aber unermüdlich unterstützt von einer Frau, die ihm nicht nur zuarbeitete, sondern auch seine kongeniale Gesprächspartnerin war, das „Du“, das er zum Denken brauchte.

 

Charlotte von Kirschbaum begegnete Karl Barth während eines Urlaubs im Jahr 1925. Ein Jahr später gestanden sich die beiden ihre Liebe. Da war Barth aber schon lange verheiratet und Vater von fünf Kindern. Sich von seiner Frau Nelly zu trennen, erlaubte ihm sein Gewissen nicht. Sich von Charlotte von Kirschbaum zu trennen, war ihm auch nicht möglich. Es ergab sich eine spannungsvolle Hausgemeinschaft zu dritt, die über dreißig Jahre lang durchgehalten wurde. Eine Engelsgeduld und viel Tapferkeit bewiesen dabei alle Beteiligten. Gerede gab es genug.

 

Wie schwierig sich die Dinge im Privaten auch gestalteten: Als die Weimarer Republik ins Wanken geriet, blieb man im Hause Barth nicht gleichgültig. Aus Protest gegen die nationalistischen Kräfte trat Karl Barth 1931 in die SPD ein und blieb Mitglied, bis die Partei verboten wurde.

 

Als die Deutschen Christen mit ihrem Programm von einem „artgemäßen Christentum“ behaupteten, dass Rasse und Volkstum von Gott gewollte Lebensordnungen seien, gehörte Barth zu den Ersten, die laut widersprachen. Er schrieb:

„Wo Gott anders gesucht wird als in Christus und der Bibel, da wird er gar nicht mehr gesucht.“

 

Unmöglich könne sich die Kirche dem deutschen Volk unterordnen. Das erste Gebot sei unbedingt zu achten. Der Anspruch Gottes stehe immer über dem Anspruch des Staats.

Deswegen weigerte er sich auch, seine theologischen Vorlesungen mit dem sogenannten Hitlergruß zu beginnen, wie es nach 1933 verlangt wurde.

 

In den kirchenpolitischen Auseinandersetzungen stand er auf Seiten der Bekennenden Kirche und gehörte dann auch zu der kleinen Gruppe, die für die erste Bekenntnissynode in Wuppertal-Barmen einen Text vorbereiten sollte: Die Barmer Theologische Erklärung.

 

Karl Barth entwarf den Text in einer Mittagspause. Es fiel ihm nicht schwer – schließlich war die alleinige Bindung der Kirche an Jesus Christus sein Thema:

„Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.“

 

So die erste der sechs Barmer Thesen, in denen die völkischen Ideen der deutschen Christen als „falsche Lehre“ verworfen werden.

 

Es blieb nicht ohne Widerspruch, dass in Barths Text das Volk nun überhaupt nicht mehr vorkam. Sein Entwurf wurde noch kräftig bearbeitet, schließlich aber doch gemeinsam verabschiedet. Dieser Text gehört heute zum grundlegenden Bekenntnis der Evangelischen Kirche.

 

Noch im gleichen Jahr 1934 wurde es dann eng für Karl Barth in Deutschland. Er weigerte sich nämlich, den Eid auf den Führer zu leisten, wenn er nicht dazusetzen könne: „...soweit mir das als evangelischer Christ erlaubt ist.“

 

Das ließ man selbst dem berühmten Professor nicht durchgehen. Er wurde er aus dem Dienst entlassen und erhielt Redeverbot. Die Bekennende Kirche unterstützte ihn kaum. Enttäuscht kehrte er Deutschland den Rücken. Zu seinem Glück konnte er gleich einen Ruf nach Basel annehmen, wo er dann bis zu seiner Pensionierung 1960 blieb.

 

Ruhe gab es für ihn allerdings auch dort nicht. Als absehbar wurde, dass Deutschland den Krieg wollte, wandte er sich empört gegen die britische Appeasement-Politik und unterstützte das tschechische Volk in seinem Widerstandswillen. Auch die Schweizer rief er zu entschlossenem Widerstand gegen das Nazi-Regime auf – und machte sich wiederum unbeliebt:

 

Man warf ihm vor, dass er das Schweizerische Neutralitätsgebot verletze, schmähte ihn als „antideutschen Papst“, als Theologen, der die Politik mit der Religion vermische. Ausgerechnet er, der doch immer gepredigt habe, dass Gott mit der Welt nicht vermischt werden dürfe.

 

Wenn Gott Freiheit schenkt, konterte Barth, dann will er auch politische Freiheit schenken. Auch der Staat hat dem Willen Gottes zu dienen. Sache der Christen sei es, für den Staat zu beten. Aber wofür man bete, dafür müsse man auch etwas tun.

 

Und er half auch praktisch, engagierte sich in der Schweizer Flüchtlingshilfe und in einem Hilfsprogramm für die deutschen Pfarrfamilien in der Bekennenden Kirche.

 

Wie er dann gegen Kriegsende auch zu den Ersten gehörte, die mahnten: Man dürfe die Deutschen nun nicht länger als Feinde behandeln. Sie müssten vielmehr erfahren, was Vergebung heißt.

 

Er ging mit gutem Beispiel voran und hielt bereits 1946 ein Gastsemester in Bonn, teilte Hunger und Kälte mit den Studierenden – und fand später: Dieses Semester sei das Schönste in seiner ganzen Laufbahn gewesen. Nach der großen Katastrophe waren damals viele bereit, mit ihm im Ernst nach Gott zu fragen.

 

Es dauerte aber nicht lange, bis Karl Barth erneut in Widerspruch geriet. Die Rhetorik des kalten Krieges wollte er nicht mitmachen. Reserviert blieb er gegenüber dem Antikommunismus des Westens, ein Gegner der deutschen Wiederbewaffnung und der atomaren Aufrüstung. Kühn vertrat er die These: Der Westen solle nicht mit Angst und Hass auf die Sowjetunion reagieren, sondern mit einer besseren Gerechtigkeit.

 

Das trug ihm neue Anfeindungen ein: Wie könne er, der so vehement gegen den Nationalsozialismus gestritten habe, gegenüber der kommunistischen Diktatur jetzt so naiv sein?

 

Barth verteidigte sich: Der Nationalsozialismus sei im westlichen Europa eine Versuchung gewesen, für die viele anfällig waren. Für den Kommunismus sei man im Westen aber nun gar nicht anfällig. Alle seien dagegen. Ob er denn nun auch noch sagen müsse, was sowieso alle sagen?

 

Der westliche Freiheitsbegriff, wie er gegen den Kommunismus ins Feld geführt wurde, war ihm suspekt. Ihm ging es um die gelebte Freiheit, die von Gott geschenkt wird:

„Es gibt Freiheit nur, wo sie und indem sie gelebt wird. Da kommt sie mit der Unwiderstehlichkeit der Morgenröte – aber auch nur da.[…] Wo sie nicht von frei lebenden Menschen gebraucht, betätigt und ins Werk gesetzt wird wird, wo sie nicht in ihrer Person Ereignis ist, da ist sie Schall und Rauch.“                                               

 

Wer Kriege ideologisiert, hat Gott falsch verstanden. Diese Überzeugung stand am Anfang von Barths theologischem Aufbruch. Im Blick auf sein Leben kann man wohl sagen: Einer, der so unbeirrt den Finger auf die ideologischen Wunden seiner Zeit gelegt hat, muss etwas richtig verstanden haben.

 

Die Erkenntnis, dass Gott nicht in den menschlichen Ideen über ihn zu fassen ist, erlaubte ihm, kritisch auf die Welt zu blicken. Mit der Gewissheit, dass es Gott ist, der die Welt zum Ziel bringen wird, konnte er den Bedrohungen seiner Zeit furchtlos begegnen. Immer streitlustig, aber auch immer bereit, sich selbst zu relativieren. Freiheit bedeutete für ihn ja auch: Freiheit von der eigenen Wichtigkeit.

 

Nur in unsere Zeit, heißt es, passt seine Theologie nicht mehr. Wer so sehr auf Gottes Offenbarung in Jesus Christus setzt wie Karl Barth, sei im Dialog der Religionen nicht anschlussfähig.

 

Aber vielleicht haben Juden und Muslime gar nichts dagegen, wenn Christen ihren Glauben klar vertreten, solange sie ihren Wahrheitsanspruch nicht absolut setzen?

 

Und eben das tat Karl Barth ja nicht. Sein Bemühen galt denen, die christlich glauben: Sie sollten den Gott der Bibel richtig verstehen – und das bedeutet auch zu wissen: Der Vater Jesu Christi ist allen Menschen in gleicher Weise zugewandt. Christen haben da keinen Vorteil.

 

Gott ist ja für Karl Barth gerade nicht ein Wesen, das in einer gottlos gewordenen Welt von der Kirche erklärt und verteidigt werden muss. Seine Wirklichkeit hängt nicht von den Gläubigen ab, nicht von der Frage, ob und wie sie glauben können. Gott ist da auch für die, die Gott los sein wollen.

 

Und die Kirche sollte sich nicht zu sicher sein, besser über ihn Bescheid zu wissen als die Welt. Denn gerade wer Gott für sich in Anspruch nimmt, ist in Gefahr, ihn in seiner Freiheit gründlich zu verkennen.

 

Man kann wohl fragen, ob die Sprache, in der Karl Barth seine Gedanken entwickelte, Menschen heute überhaupt noch erreicht, wenn ihnen Bibel und Glaubensbekenntnis fremd geworden sind.

 

Aber vielleicht wird es ja in Zukunft wieder welche geben, denen es nicht reicht, mit ihren Lebensperspektiven durch eine Welt zu treiben, die sich naturwissenschaftlich erklärt und dabei viel mehr zu fürchten als zu hoffen hat. Vielleicht werden die dann gerade fragen nach einer Kirche, die Anderes zu sagen hat: Vom Gott, der mit den Menschen sein will, der keinen Menschen verloren gibt. Das, was heute vielen fremd geworden ist, mag am Ende das Rettende sein.

 

Glauben zu können, war für Karl Barth ein Geschenk – das Geschenk der Freiheit und des festen Herzens:

„Fest sind die Herzen von Menschen, die heute nicht hassen, wo die meisten hassen, sondern lieben, wo nur wenige lieben. […] Fest sind die Herzen von Menschen, die darauf vertrauen, dass auch alles das, was vermöge unserer menschlichen Torheit heute geschieht und noch geschehen mag, in der festen Hand des gnädigen Gottes seine Grenze und sein Ziel hat.“

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Musik dieser Sendung:

  1. W. A. Mozart, Kassation B-Dur Marche, Sándor Végh und Camerata Salzburg, Cassationen
  2. Andante
  3. Menuett
  4. Allegro
07.02.2019
Angelika Obert und Christina-Maria Bammel