Das ganz normale Gefühlschaos vor einer Hochzeit

Gedanken zur Woche

Gemeinfrei via pixabay.com (jeremywongweddings)

Das ganz normale Gefühlschaos vor einer Hochzeit
Prinz Harry & Meghan Markle heiraten am Samstag
18.05.2018 - 06:35
01.03.2018
Pfarrer Martin Vorländer
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Die Gedanken zur Woche im DLF.

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Am Tag vor einer Hochzeit ist die Aufregung groß. Die To-Do-Liste ist noch lang, bis die Hochzeitsglocken läuten. Sitzt das Kleid, passt der Anzug perfekt? Ist die Friseurin rechtzeitig da? Auf den letzten Drücker sagen Gäste ab, andere zu. Das bringt die Sitzordnung beim Festessen durcheinander. Verwandte und Freunde sind für das Brautpaar auch nicht immer die reinste Freude. Denn nicht alle haben ihre Gefühle und sich selbst im Griff. Das geht den Royals nicht anders als allen anderen. Morgen heiraten Harry und Meghan. Er ist ein Prinz von England und sie eine Schauspielerin aus den USA. Am Samstag um 12 Uhr läuten für die beiden die Glocken der Kapelle St. Georges auf dem Schloss Windsor.

 

Vorher aber erleben die beiden den Trouble, den viele Hochzeitspaare kennen. Irgendwer aus der Familie oder aus dem Freundeskreis macht bestimmt Schwierigkeiten. Bei Meghan und Harry ist es der Vater der Braut. Der soll Geld dafür genommen haben, gestellte Paparazzi-Fotos von sich schießen zu lassen. Die Vorwürfe haben dem 73-Jährigen so zugesetzt, dass er einen Herzinfarkt hatte. Eigentlich sollte er seine Tochter Meghan nach englisch-amerikanischer Sitte zum Altar führen. Er kommt, er kommt nicht. Das ging in den vergangenen Tagen hin und her. Außerdem sind der Halbbruder und die Halbschwester von Meghan beleidigt, dass sie nicht eingeladen sind und geben giftige Kommentare aus dem Hintergrund ab.

 

Alles ganz normal. Ich habe selbst geheiratet und begleite als Pfarrer viele Paare bei ihrer Trauung. Ich erlebe dabei immer: Die beiden müssen neben ihren eigenen Emotionen auch mit denen der anderen umgehen. Da tun sich zum Beispiel die Eltern schwer damit, dass ihr Sohn, ihre Tochter nun ganz offiziell zu einem anderen gehört. Eine Cousine hasst Hochzeiten und will erst nicht kommen. Dann sagt sie kurz vor knapp zu, will aber ihren neuen Freund und dessen Kinder mitbringen. Über allem schwebt die Großmutter des Bräutigams, die das Regiment in der Familie führt.

 

Turbulenzen vor einer Hochzeit, die zeigen: Da geschieht etwas Besonderes. Mir ging das selber so bei der Hochzeit meines Bruders. Ich hatte das Gefühl, er und seine Frau wollen uns Geschwister aus allem raushalten. Wir sollten kommen, aber auf keinen Fall irgendetwas machen, was nicht in ihre Hochzeitsplanung passt. Das hat mich geärgert. Aber dann saß ich bei ihrer Trauung in der Kirchenbank. Die beiden zogen als Paar ein, und ich sagte zu mir selbst: Martin, um wen geht es hier eigentlich? Nicht um dich, sondern um die beiden. Die sollen so feiern, wie sie das wollen. Ab diesem Moment konnte ich die Hochzeit aus vollem Herzen mitfeiern.

 

Es geht um die beiden. Die Bibel formuliert das radikal. Am Anfang der Bibel steht: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen.“ (1. Mose 2,24) Eine Trauung hat immer auch mit Trennung zu tun. Beide, Mann und Frau, kommen jeweils aus ihrer Familie. Die wird weiter eine wichtige Rolle spielen. Aber die beiden müssen sich auch aus ihrer Familie lösen und ihre eigene Geschichte schreiben.

 

Darum versuche ich als Pfarrer bei Traugesprächen vor der kirchlichen Hochzeit, das Paar darin zu bestärken: Es geht um euch. Um eure Liebe. Um das Ja-Wort, das ihr euch vor Gott und vor der Gemeinde gebt. Um das Leben, das ihr gemeinsam führen wollt in guten wie in bösen Tagen. Alle anderen Leute sollen bitteschön innerlich drei Schritte zurücktreten mit ihren Gefühlen und Erwartungen und euch an diesem Tag den Vortritt lassen. Wie sie das bei der Trauung in der Kirche ja auch ganz deutlich tun. Sie stehen für das Hochzeitspaar auf und erweisen ihm die Ehre. Sie alle gehören dazu. Aber sie stehen nicht im Mittelpunkt, sondern eben das Hochzeitspaar vor dem Altar. Es geht um dieses Paar und um seine gemeinsame Geschichte. Die beiden beginnen etwas Neues. Und dafür bitten sie um Gottes Segen.

 

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01.03.2018
Pfarrer Martin Vorländer