Fehler

zerbrechender Teller

Gemeinfrei via unsplash.com (Chuttersnap)

Fehler
27.07.2018 - 06:35
19.06.2018
Lucie Panzer
Über die Sendung

Die Gedanken zur Woche im DLF.

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Wie Menschen mit ihren Fehlern umgehen, das hat Folgen. Wie man mit eigenen Fehlern umgeht und wie man die der anderen behandelt.

 

Das war schon lange nicht mehr so gut zu sehen wie jetzt im Fußball. Fehler sind gemacht worden. Nicht bloß einer. Und weil die Beteiligten nicht damit umgehen konnten, ist ein großes Unglück daraus geworden für viele. Nachrichtensendungen und Zeitungen sind voll davon: das Foto von Mesut Özil mit dem türkischen Staatspräsidenten, die Fußballnationalmannschaft, die misslungene Weltmeisterschaft. Zuerst habe ich gedacht: Gibt es denn in diesen Wochen nichts Wichtigeres als den Streit um das Foto eines Fußballers? Aber mir scheint, es geht nicht bloß um Fußball. Das Phänomen gibt es ja auch sonst im Leben. Wie Menschen mit Fehlern umgehen, das hat oft schwerwiegende Folgen.

 

Das Foto war ein Fehler, zweifellos. Zunächst hat man aber versucht, die Angelegenheit möglichst herunterzuspielen. Man brauchte doch den Weltklasse-Fußballer für die WM. Also: Am besten nicht darüber reden. Den Versuch war es wert. Pragmatisch, so wie es schon in den Weisheitssprüchen der Bibel heißt: „Wer eine Verfehlung zudeckt, stiftet Freundschaft. Wer aber eine Sache aufrührt, der macht Freunde uneins“ (Spr 17,9).

 

Aber so funktioniert es nicht. Fast nie lässt sich ein Fehler dauerhaft kleinreden und beschönigen. Das geht gut, solange die Stimmung gut ist und allen etwas an der Freundschaft liegt. Aber dann kam dieses jämmerliche Ausscheiden bei der Weltmeisterschaft. Und die Stimmung ist gekippt. Jeder hat mit dem Finger auf den anderen gezeigt. Auf den selbstgerechten Trainer die einen, auf den unfähigen DFB-Vorstand andere. So wie schon damals im Paradies, auch davon erzählt die Bibel: Adam hat die Schuld auf Eva geschoben, Eva auf die Schlange. Am Ende standen sie dann beide ganz schön nackt da und die Blamage war groß. So geht das, wenn keiner schuld sein will. Damals im Paradies und heute beim Fußballbund. Am Schluss waren viele froh, dass man Mesut Özil und diesem Foto die Schuld geben konnte. Man hatte einen Sündenbock. Auch den gab es schon zu biblischen Zeiten: Einmal im Jahr hat man im alten Israel einem Schafbock stellvertretend die Schuld des ganzen Volkes aufgeladen und ihn dann in die Wüste gejagt. Dann war die Schuld weg. Man musste nicht mehr länger nach Ursachen forschen. Nicht mehr fragen: Was war denn nun und woran hat es gelegen?

 

Bloß: Wenn man einen Menschen zum Sündenbock macht, dann kann das auch ins Auge gehen. Mesut Özil hat sich das nämlich nicht gefallen lassen. Der ist ja kein Schaf. Also hat er die ganze Sache noch mal aufgerührt. Und Sie wissen ja: „Wer eine Sache aufrührt, der macht Freunde uneins.“ Özil wehrt sich. Von eigenen Fehlern keine Rede. Stattdessen fühlt er sich als Opfer von Rassismus. „Ich bin Deutscher, wenn wir gewinnen aber Immigrant, wenn wir verlieren“, schreibt er auf Facebook. Er ist spürbar verletzt.

 

Und nun ist der Schaden riesig. Wahrscheinlich nicht so sehr für Özil, der in England weiter Fußball spielen wird. Vielleicht auch nicht für die Funktionäre beim DFB. Es wird womöglich Rücktritte geben. Aber dann wird Gras darüber wachsen. Bloß die Jungs aus aller Herren Länder, die bei uns Fußball spielen, in der Kreisklasse, in der Bezirksliga, in den Jugendmannschaften: Die sind jetzt schwer enttäuscht. Für sie war Özil ein Vorbild. Sie haben an ihm gesehen: Wir heißen Mehmet, Ali oder Hakan, aber wir sind für unsere Mannschaft genauso wichtig wie die, die Tim heißen, Paul oder Fabian. Und die Tims und Pauls und Fabians wissen: Ohne Mehmet, Ali und Hakan könnten wir einpacken. So jedenfalls haben meine Söhne das erlebt, als sie noch in der Kreisklasse Fußball gespielt haben. Ihr absoluter Star hieß Kevin und war dunkelhäutig. Ohne ihn wären sie wohl nicht Meister geworden.

 

Wie also mit einem Fehler umgehen, damit Menschen Freunde bleiben können? Jesus hat gezeigt, wie es geht: Fehler ansprechen. Eigene Fehler aussprechen. Nichts beschönigen. Nichts vertuschen. Keinen zum alleinigen Sündenbock machen. Darüber reden. Begreifen, dass jeder mal Fehler macht. Fehler vergeben. Und dann: Besser weiter machen.

 

Oder wie sehen Sie das? Sie können mitreden – auf Facebook unter

„deutschlandradio.evangelisch“.

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19.06.2018
Lucie Panzer