Die Krönung

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Die Krönung
Gedanken zur Woche von Pfarrer Eberhard Hadem
12.05.2023 - 06:35
27.01.2023
Pfarrer Eberhard Hadem
Über die Sendung:

Die Gedanken zur Woche im DLF.

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Wann erlebt man schon eine Krönung wie die von Charles III.? Ob es eine weitere britische Krönung geben wird? Der Protestruf Not my king! war schon ziemlich laut.  

Die Kritik an Monarchie und Feierlichkeiten ist vielfältig. Die meisten schauen zuerst auf ‚pomp and circumstances‘: Warum kostet die Krönung Millionen, die man doch viel besser verwenden könnte? Wie kann ein weltlicher König das Oberhaupt einer Kirche sein? Was die einen als zauberhaft und spektakulär erleben, halten andere für Kitsch und Theatralik von vorgestern.

Vor 70 Jahren dauerte die Krönung von Elizabeth II. fast drei Stunden. Doch auch der ziemlich abgespeckte einstündige Gottesdienst vor 6 Tagen war voller Insignien, Symbolen und liturgischen Gesten. Und einige verraten, wie man die Macht des Königs verstehen soll. Ich sehe die Krönung als spirituelles Schauspiel an. Als Schau-Stück, das den Umgang von Menschen mit Macht vor Augen führt. Egal wo: In Politik und Wirtschaft, in Betrieben und Unternehmen, in Vereinen und Organisationen, auch in Familien und unter Freunden.

Charles III. ist in diesem Gottesdienst eine Führungsfigur, die sich selbst führen lässt, ja, sogar vorführen lässt. Die ‚Church of England‘ erklärt dazu: Hinter Pracht und Schönheit der Prozessionen und Kostüme, (…) verbirgt sich eine andere Botschaft (…): Unser König verpflichtet sich durch Gebete und Eide, dem Herrn, dem er dient, in seiner Rolle als Monarch (…) zu folgen.

Warum das etwas Besonderes ist, zeigen die autokratischen Führer dieser Welt – diese stellen das eigene Wollen über jede andere Wahrheit und das Wohl der Menschen. Für sie sind Friede, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung nur interessant, wenn sie ihrem Machtwillen dienen. Genauso die Religion, die für Autokraten allenfalls Mittel zum Zweck ist.

Lässt jemand in einer Führungsposition erkennen, wofür sie oder er steht? Lässt die Art der Führung erkennen, ob sich diese Person von übergeordneten Prinzipien, von einem Auftrag, leiten lässt – statt von selbstbezogenem Machtstreben? Man muss kein Christ sein um zu meinen: Wer Macht in Händen hat und sich nicht selbst als geführt versteht, kann andere Menschen nicht verantwortlich führen. Und das gilt nicht nur für Politik und Kirche.

Was hilft gegen die Versuchungen der Macht? Am Eingang von Westminster Abbey begann die gottesdienstliche Krönungsliturgie so: Ein Chorknabe begrüßte Charles mit den Worten: Eure Majestät, als Kinder des Reiches Gottes heißen wir dich willkommen im Namen des Königs der Könige. Gemeint ist Jesus Christus, dessen Name und Vollmacht den kleinen Chorknaben so mit dem zukünftigen König reden lässt. Charles antwortete mit den Worten: In seinem Namen und seinem Beispiel folgend, komme ich, nicht, damit mir gedient wird, sondern um zu dienen.

Die Verbindung von König, Kirche und Staat sehe ich trotzdem kritisch, als sei Charles durch die Salbung König von Gottes Gnade. Denn von Gottes Gnade sind alle Menschen Gottes Kinder, ohne Unterschied. Daran erinnert die Taufe. Und nur so wird Charles – verborgen im schlichtem weißen Oberkleid hinter den Paravents – für mich zum Sinnbild: Auch der gekrönte König ist – nur – ein Gotteskind.

Für mich gilt: Autorität erlange ich nur, wo ich erkennen lasse, dass ich die Autorität eines Größeren für mich akzeptiere. Nur so finde ich ein Maß, das meine Macht begrenzt: Wenn ich für andere erkennbar bin als einer, der – in voller Verantwortung – auch selbst geführt wird. Meine Macht muss sich messen lassen, an einem Maßstab, den ich nicht selbst bestimme. Der erkennbar sein sollte. Für mich ist das der christliche Glaube, wie er in der Bibel bezeugt ist.

Mich ermutigt die Krönung von Charles, an mir selber zu arbeiten. Um Verantwortung zu übernehmen, muss man nicht britischer König werden. Es geht sicher auch eine Nummer kleiner, verantwortlich zu handeln.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Zur autorisierten anglikanischen Liturgie der Krönung vom 6. Mai 2023:

https://www.churchofengland.org/sites/default/files/2023-05/23-4132%20Coronation%20Liturgy%20Commentary_v4.pdfZur autorisierten anglikanischen Liturgie der Krönung vom 6. Mai 2023: https://www.churchofengland.org/sites/default/files/2023-05/23-4132%20Coronation%20Liturgy%20Commentary_v4.pdf

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27.01.2023
Pfarrer Eberhard Hadem