Diverse Barbies

Gemeinfrei via Pixabay/ Alexa

Diverse Barbies
Gedanken zur Woche von Pfarrer Thomas Dörken-Kucharz
28.04.2023 - 06:35
27.01.2023
Pfarrer Thomas Dörken-Kucharz
Über die Sendung:

Die Gedanken zur Woche im DLF.

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Ein Barbiepuppe kommt mir nicht ins Haus! Dieses blond-blauäugige und unrealistisch langgestreckte Wesen in Traummaßen und aus Plastik… Das sollte kein Vorbild für meine Tochter sein, das ich fördern wollte. Damals war meine Tochter sieben oder acht Jahre alt. Und sie quengelte seit Monaten, dass sie unbedingt eine haben müsse, eine Barbiepuppe. All ihre Freundinnen hätten eine, nur sie nicht. – Ich blieb hart: keine Chance!

Dann standen wir vor einem Lebensmittelsupermarkt in der Nachbarschaft. Es hatte gerade Zeugnisse gegeben, ich war glücklich und stolz auf meine Tochter und sagte spontan: „Du darfst Dir für 20 DM etwas aussuchen im Supermarkt, egal was!“ Sie fragte nochmal: Ehrlich, Papa? Und als ich nickte, schoss sie wie von der Tarantel gestochen in den Supermarkt, wusste genau wo sie hinwollte -wahrscheinlich hatte sie schon oft sehnsüchtig davorgestanden – und präsentierte mir dann triumphierend eine Barbiepuppe. „Du hast gesagt, ich darf mir aussuchen, was ich will!“ Ich hatte keine Ahnung, dass der Supermarkt sowas führte, gab mich aber geschlagen.

Heute bin ich froh, dass meine Tochter sich durchgesetzt und meine Überbesorgtheit umgangen hat. Sie hatte Papa überlistet und endlich die begehrte Puppe. Sie war glücklich!

Anfreunden konnte ich mich mit der Puppe nie. Diese Barbie verkörpert ein Menschen- und Frauenbild, das ich nicht gut fand und nicht gut finde. Welches Leid dieses Barbie-Ideal bei jungen Mädchen ausgelöst hat, die anders waren; welche Essstörungen daraus folgten, welche weiße Einheits- und Luxuskultur damit gefördert und gefordert wurde, kann ich nur erahnen. Die Ur-Barbie verkörpert „die perfekte Frau“, dabei ist es völlig unmöglich, das Ideal dieser Maße zu erreichen, zu übertrieben sind die Formen.

Jetzt stelle ich verwundert fest: Die Welt hat sich weitergedreht. Diese Woche kam die erste Barbiepuppe mit Down-Syndrom auf den Markt! Die sieht der eigentlichen Barbie gar nicht mehr ähnlich. Das Gesicht ist runder, der Nasenrücken flach und an den Füßen trägt sie pinkfarbene orthopädische Hilfsmittel. Tatsächlich gibt es schon seit ein paar Jahren Barbies in ganz verschiedenen Haar- und Hautfarben. Und auch in unterschiedlichen Körperformen. Auch Barbies und Kens im Rollstuhl. Und es gibt viele Barbies, die berühmte und erfolgreiche Frauen verkörpern: Forscherinnen, Politikerinnen oder Schriftstellerinnen.

Ob die Barbievielfalt im Katalog auch tatsächlich gekauft wird? Ob also die vielen Puppen im heutigen Kinderzimmer auch mehr die menschliche Vielfalt abbilden? Ich weiß es nicht. Denn das Schönheitsideal der ersten Barbie sitzt tief, bei Männern wie Frauen. Und wird von der Werbung und über alle Bildschirme eifrig weiter genutzt. Die vielen Essstörungen und das verbreitete Bodyshaming – also dass Frauen oder Männer wegen Ihres Aussehens beleidigt werden - zeigen das.

Laut einer aktuellen Studie (1) sind die Menschen hierzulande viel sensibler gegenüber dem Thema Diskriminierung geworden. Das ist gut. Und viele sehen inzwischen den Handlungsbedarf, weil täglich unzählige Menschen unter Diskriminierung leiden. Und die kommt von Vorurteilen aus überzogenen und falschen Maßstäben.

Laut biblischer Schöpfungsgeschichte hat Gott den Menschen als Mann und Frau oder genauer „männlich und weiblich“ geschaffen. Von der Hautfarbe und einem Bodymaßindex steht da gar nichts. Und Adam und Eva waren bestimmt nicht blond und „weiß“, wenn der Garten Eden von Euphrat und Tigris umflossen wurde. Vielleicht war Adam fröhlich mehrgewichtig und Eva kleinwüchsig oder umgekehrt. Das Leben wird erst durch Unterschiede und Verschiedenheiten interessant. Dazu gehören auch Menschen mit Behinderung. Vielfalt sollte nicht stigmatisieren. Unterschiede bereichern, wenn man sich wahrnimmt, wie man ist, sich zuhört, Erfahrungen und Geschichten teilt.

Gut, dass inzwischen auch Puppen viele interessante Geschichten und großartige Vorbilder verkörpern.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Literaturangaben:

1) https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2023/april/mehr-menschen-nehmen-rassistische-diskriminierung-wahr-und-sehen-handlungsbedarf

    https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Migration_fair_gestalten/DZ_Diskriminierung_in_der_Einwanderungsgesellschaft_2023.pdf

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Pfarrer Thomas Dörken-Kucharz