Greta und Donald in Davos

Gedanken zur Woche

Gemeinfrei via unsplash.com/Matthieu Huang

Greta und Donald in Davos
Gedanken zur Woche mit Pfarrer Martin Vorländer
24.01.2020 - 06:35
03.01.2020
Martin Vorländer
Über die Sendung

Greta Thunberg und Donald Trump, sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Und so unterschiedlich haben beide auch gesprochen, diese Woche auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Was wäre, wenn Trumps Optimismus und Greta Thunbergs Problembewusstsein zusammenkommen?

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Wie Propheten haben sie beide gesprochen: Donald Trump und Greta Thunberg diese Woche auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Donald Trump sieht Gegenwart und Zukunft großartig. Probleme kommen in seiner Rede nicht vor. Er ist stolz darauf, dass die USA angeblich die sauberste Luft und das sauberste Trinkwasser weltweit haben. (1)

Trump predigt Wachstum und prophezeit: „Wir werden Dinge tun, die keiner für möglich gehalten hat. Wir werden die Technologie fördern und sie nicht vermeiden. Dadurch werden Millionen von Menschen länger leben und werden ein glücklicheres, gesünderes Leben haben.“

Trump sagt: „Es ist keine Zeit für Pessimismus. Angst und Zweifel sind keine guten Gedanken. Es ist eine Zeit für Freude, für Optimismus und Action.“ Alle, die an seinem Weg zweifeln, nennt Donald Trump „Propheten des Niedergangs“. Ihren Vorhersagen der Apokalypse müsse man entgegentreten.

Eine von Trump so genannte „Prophetin des Niedergangs“ war auch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Greta Thunberg, die Wegbereiterin der Klimaschutzbewegung „Fridays for future“, sprach ebenfalls. Begegnet sind die beiden sich nicht. Aber ihre Rede war wie ein Gegenstück zu seiner.

Greta Thunberg spricht zu den führenden Persönlichkeiten aus Weltwirtschaft und Politik: „Ihr sagt uns immer: Seid nicht so pessimistisch! Wir kriegen das mit dem Klima schon für euch hin. Und danach kommt nichts von euch. Stille. Oder noch schlimmer: leere Worte.“ (2) Die Fakten über den menschengemachten Klimawandel sind klar, doch niemand geht sie an. Aber wir müssen jetzt handeln. Greta Thunberg wiederholt, was sie schon vor einem Jahr in Davos gesagt hat: „Unser Haus brennt nach wie vor. Und euer Nichtstun befeuert die Flammen. Meine Generation sagt euch: Handelt, wenn ihr eure Kinder liebt über allem anderen.“

Donald Trump mit seinem selbstbezogenen Optimismus „Alles ist bestens und wird immer noch besser“. Greta Thunberg, die notorische Schwarzseherin. Der eine spricht wie ein Heils-Prophet, die andere im Gestus der Unheils-Prophetin. Eine solche Konfrontation gibt es bereits in der Bibel, im Alten Testament. Da verkündet der Prophet Jeremia, was Gott spricht: Alle „sind darauf aus, sich zu bereichern. Propheten wie Priester täuschen das Volk: Sie tun so, als wären die Wunden meines Volkes nur leichte Schrammen. 'Alles steht gut', sagen sie, 'alles ist in Ordnung.' Aber nichts steht gut, nichts ist in Ordnung!“ (Jeremia 6,13-14; Gute Nachricht Bibel)

Gott hat dem Propheten Jeremia einen unangenehmen Job aufgetragen. Seine Zeitgenossen wiegen sich in Sicherheit. Und er soll ihnen klarmachen: Ihr müsst euch radikal ändern, sonst geht ihr unter.

Schon damals, zur biblischen Zeit, haben sich die Leute gefragt: Wem können wir glauben? Den Propheten, die verkünden, alles ist gut? Oder denen, die mahnen und drohen? Die Bibel überliefert mit den Worten von Jeremia die Erfahrung: Es ist besser, die mahnenden Stimmen ernst zu nehmen.

Die kritischen Propheten in der Bibel sind allerdings keine Menschen, die Lust auf Apokalypse haben und darum den Niedergang herbeireden. Sie sprechen aus, was ist, und legen den Finger in Wunden, die es tatsächlich gibt. Sie predigen nicht: „Lasst alle Hoffnung fahren – denn die Apokalypse kommt ja sowieso!“ Nein, die kritischen Propheten in der Bibel haben ihren Zeitgenossen gezeigt: „Ihr könnt etwas ändern. Es ist noch Zeit zum Handeln.“

Jeremia geht als Prophet mit seinen Landsleuten hart ins Gericht – und macht Mut zur Veränderung mit Gottes Worten: „Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich gebe euch Zukunft und Hoffnung.“ (Jeremia 29,11; Gute Nachricht Bibel kombiniert mit Lutherbibel 2017) Das ermutigt dazu, nicht untätig abzuwarten, sondern gelassen und zuversichtlich das zu tun, was nötig ist.

Greta Thunberg und Donald Trump sind keine Propheten im biblischen Sinn. Aber Greta Thunbergs Problembewusstsein und Donald Trumps Optimismus, was Menschen alles schaffen können. Wie gut könnte die Zukunft aussehen, wenn dieser Optimismus und diese Schaffenskraft eingesetzt würden zum Schutz des Klimas!

 

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Es gilt das gesprochene Wort.

 

  1. https://www.weforum.org/events/world-economic-forum-annual-meeting-2020/sessions/special-address-by-donald-j-trump-president-of-the-united-states-of-america-5e6010c5e7
  2. https://www.weforum.org/events/world-economic-forum-annual-meeting-2020/sessions/averting-a-climate-apocalypse

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03.01.2020
Martin Vorländer