Alles wird gut

Morgenandacht
Alles wird gut
25.05.2020 - 06:35
07.05.2020
Stephan Krebs
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Seit fast 50 Jahren sind sie verheiratet: Gisela und Gert. Sie lieben einander und haben sich aneinander gewöhnt. An die Unterschiede und an die Lebensweisheiten. Eine davon lautet: „Alles wird gut.“ Das sagt Gerd immer, wenn es dicke kommt. Gisela nickt und lächelt dazu milde. Dabei spürt sie die Zuversicht, die diesem Satz auf geheimnisvolle Weise innewohnt. Über die Zweifel, die ebenfalls dabei waren, ging sie hinweg. So fragte sie bei Gerd nie nach, was er damit meinte, sondern dachte sich ihr Teil.

 

Als die beiden ihren Traumurlaub absagen mussten, weil sich Gisela das Bein gebrochen hatte, da sagte Gerd: „Alles wird gut.“ Gisela nickte und lächelte dazu und dachte: „Ja, alles wird gut. Mein Bein wird wieder gesund und wir machen den Urlaub später.“

Wenn sie vor dem Fernseher saßen und die Nachrichten guckten, innerlich aufgewühlt vom Elend der Welt, von Hunger und Hass, von Gier und Gewalt, dann murmelte Gerd manchmal in sich hinein: „Alles wird gut!“ Gisela hörte es wie eine Beschwörungsformel zur Besserung der Welt. Sie nickte dazu und dachte: „Ja, die Menschheit wird das schon hinkriegen.“

 

Als ein Sturm ihren Garten zerstörte und Gisela fassungslos davorstand, sagte Gerd: „Alles wird gut.“ Gisela nickte dazu und dachte: „Ja, wir räumen den Garten auf und machen ihn neu. Wir schaffen das.“

 

Nun hält Gerd die schlimme Diagnose in den Händen, von der er sich vielleicht nicht mehr erholen wird. Während sie darüber Tränen vergießt, sagt er: „Alles wird gut.“ Wie so oft, will sie dazu nicken und lächeln. Doch das gelingt ihr heute nicht. Stattdessen fragt sie ihn: „Was heißt hier: Alles wird gut? Du kennst die Diagnose doch! Was willst du denn machen?“

Gerd schaut sie an und sagt: „Nichts. Ich werde nichts machen. Ich kann ja gar nichts tun. Aber trotzdem: Alles wird gut, nicht weil ich, wir oder irgendjemand sonst es gut machen, sondern weil es gut wird. Weil Gott alles gut machen wird. Daran halte ich fest. Das ist mein Glaube. Das ist uns versprochen.“

Gerd schweigt und Gisela auch. Ihr wird plötzlich bewusst, dass sie in all den Jahren nie nachgefragt hat, was Gerd mit seiner Lebensweisheit eigentlich meinte. Nun erkennt sie, dass es viel mehr ist, als sie bislang darin gehört hat. Dann spricht Gerd weiter: „Der Mensch kann vieles. Aber alles gut machen – das kann er ganz sicher nicht. Schau dir die Welt an. Wie sich die Menschheit immer wieder verheddert. Schau dich um in unserem Freundeskreis. Wie sich alle abstrampeln für ein möglichst gutes Leben – und schaffen es einfach nicht.“

Gert zitiert leise einen Lied-Vers:

„Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren;

es streit’t für uns der rechte Mann, den Gott selbst hat erkoren.

Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ,

der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott;

das Feld muss er behalten!“

Gisela staunt, was Gerd da aus der Tiefe seiner selbst hervorholt. Dass er ein religiöser Mensch ist, das weiß sie wohl. Aber nicht, wie tief das in ihm wurzelt. Überzeugt ist Gisela davon aber nicht. Sie denkt an die schlimme Diagnose und entgegnet ihm: „Was hilft das alles, wenn du womöglich bald stirbst?“

 

Gerd antwortet: „Das werden wir sehen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es keine andere Hoffnung gibt als diese. Und für diese gibt es einen Grund. Das Lied sagt ihn: Jesus Christus, der macht, dass alles gut wird. Das glaube ich, weil ich sonst an nichts glauben kann. Halte es für dumm oder naiv. Oder glaube es mit mir. Es tut gut das zu glauben und zu spüren: Alles wird gut.“

 

Gisela schweigt. Sie überlegt. Langsam wandert ihre Hand zu seiner. Seine kommt ihr entgegen. Sie finden und sie halten sich. Leise und prüfend murmelt Gisela „Alles wird gut“. Er nickt und lächelt dazu, denn manchmal ist das die einige Hoffnung, die bleibt.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

Textnachweis:

Strophe 2 von EG 362 Ein feste Burg ist unser Gott

07.05.2020
Stephan Krebs