Essen an den Feiertagen

Morgenandacht
Essen an den Feiertagen
09.12.2019 - 06:35
18.07.2019
Florian Ihsen
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Was gibt’s an Weihnachten zu essen? Die Frage war geklärt, solange ich als Jugendlicher mit meiner Familie – Mutter, Vater, Oma – Weihnachten gefeiert habe. Heiliger Abend: Fondue. Erster Feiertag: Gans. Zweiter Feiertag: Braten.

An das Essen am Heiligen Abend erinnere ich mich gerne: Wir sitzen um den großen Tisch. In der Mitte der Fonduetopf auf der Flamme. Das schöne Geschirr mit dem Weinlaubrand, das feine Besteck, passende Stoffservietten, jeder hat zwei Fonduespieße an seinem Platz. Knuspriges Baguette, warm und in Scheiben geschnitten. Auf dem Tisch Platten mit dem Fleisch für das Fondue. Viele selbstgemachte Saucen, am wichtigsten für uns alle: die grüne Sauce, mit sieben verschiedenen Kräutern, Pfefferkörnern, Mayonnaise, Joghurt, ganz frisch gemacht, lecker.

Meine Oma, mein Vater und ich, wir schlemmen. Nur meine Mutter isst ganz wenig. „Warum isst du so wenig?“, habe ich sie mal als Kind gefragt. „Weißt du, ich mag eigentlich gar kein Fondue. Höchstens ein bisschen Sauce und Weißbrot. Ich mach das, weil ihr das so gern mögt“. Und so hat meine Mutter viele Jahre an Weihnachten viel Zeit in der Küche verbracht, einfach nur für uns andere. Ich fand das Fondue-Essen am Heiligen Abend immer sehr schön. Aber es hat mich ins Nachdenken gebracht.

Welche Bedürfnisse habe ich eigentlich an Weihnachten? Und welche Bedürfnisse hat meine Mutter, haben die anderen? Und wie passen die festen Rituale, einschließlich Menüfolge, dazu? Ich finde, darüber kann man nachdenken. Und zwar: ergebnisoffen.

Jesus kehrt einmal bei zwei Frauen ein, sie sind Schwestern. Marta und Maria. Marta will die perfekte Gastgeberin sein. Sie werkelt in der Küche, deckt den Tisch. Sie will, dass Jesus sich richtig wohl fühlt. Maria kümmert sich nicht weiter drum. Sie sitzt einfach bei Jesus, unterhält sich mit ihm, hört ihm zu. Was die Schwester da alles in der Küche macht, kümmert sie im Moment gar nicht. Das Klappern mit dem Geschirr – hört sie gar nicht. Sie ist einfach nur bei Jesus, ganz vertieft ins Gespräch, ins Zuhören und Nachdenken über das Leben. Darüber beschwert sich Marta bei Jesus. Sag mal, Jesus, ist dir das egal, dass ich hier die ganze Arbeit habe und meine Schwester keinen Finger krumm macht…

Ich verstehe, dass Marta das als ungerecht empfindet. Und ich verstehe, dass Maria einfach nur bei Jesus sein, mit ihm sprechen will.

Lernen kann ich von beiden Frauen etwas Wichtiges: Sie haben ein Gespür für ihre Bedürfnisse. Die eine will einfach bei Jesus sein. Die Konventionen, was man oder frau so macht, ob und wie man den Gast Jesus bedient, bekocht, bewirtet, das ist ihr egal. Jesus kann ja sagen, wenn er was braucht. Für sie zählt jetzt einfach: Bei Jesus sein.

Und Marta, die Schwester in der Küche, hat letztlich dasselbe Bedürfnis. Sie will auch einfach bei Jesus sein und nicht in der Küche rumhängen. Wenn sie sich ärgert und beschwert, macht sie den ersten wichtigen Schritt:

Das eigene Bedürfnis wahrnehmen. Freiwerden von Traditionen, die nicht gut tun. Alte Rollenmuster ablegen. Zu sich selbst kommen. Die sein, die sie eigentlich ist: Ein Mensch, der Zeit haben will für und mit anderen: Mit Jesus, mit der Schwester. Denn das ist Zeit für sich selbst.

Das möchte ich an Weihnachten auch: Der sein, der ich bin. Auf meine Bedürfnisse achten. Zeit haben für mich, für meine Lieben, für Jesus. Und was ich esse und mit wem ich esse, passe ich daran an. An Weihnachten geht es nicht um Traditionen. Es geht ums Menschwerden. Wenn Gott Mensch wird und zu mir kommt, dann darf ich zu meinen Bedürfnissen stehen, darf ich der sein, der ich bin und der ich sein will!

Meine Mutter hat im Lauf der Jahre gemerkt: Ihr tut es gut, an Weihnachten in die Kirche zu gehen. Und wenn ich in die Kirche gehe, habe ich weniger Zeit und will danach keinen Kochstress.

Und dann gab es Butterbrote am Heiligen Abend. Wir haben sie gemeinsam geschmiert und schön belegt. Am ersten Feiertag einfach kurzgebratene Schnitzel. Das hat uns allen fantastisch geschmeckt.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

18.07.2019
Florian Ihsen