Fake News und Wahrheit

Morgenandacht
Fake News und Wahrheit
16.05.2020 - 06:35
30.01.2020
Uwe Cassens
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Früher hieß das „Ente“. „Zeitungsente“. Und wer weniger flapsig darauf hinweisen wollte, dass er diese Nachricht nun absolut nicht glauben kann, der sagte „Falschmeldung“. Ja – das sind sachliche Wörter. Korrekte deutsche Wörter. Aber irgendwie so leidenschaftslos.

Mit zunehmendem Alter hat meine Leidenschaft für Anglizismen abgenommen. Rapide. Aber ich gestehe: „Fake News“ ist ein wunderbares Wort. Ich glaube, wir haben im Deutschen kein Wort, mit dem man so leidenschaftlich ausdrücken kann, was man von einer Information hält. „Fake News“.

Nicht erst jetzt in der Corona-Krise gibt es viele Verschwörungstheorien. Halb- und Viertelwissen. Verdächtigungen, wer von dieser Krise profitieren würde. Fake News eben.

Lüge von Wahrheit zu unterscheiden, das ist nicht leicht. Erst recht nicht, wenn die Debatte um richtig oder falsch in aufgeheiztem Klima stattfindet. Sie hören gerade einen gebührenfinanzierten Sender. Dass man diesen vertrauen konnte, war bis vor – sagen wir mal – zehn Jahren gar keine Frage. Davon sind heute nicht mehr alle überzeugt. Die öffentlich-rechtlichen Sender werden gerne mal als „Lügenpresse“ beschimpft. Oder verdächtigt, „gleichgeschaltete“ Regierungsmedien zu sein. Selten geht es dabei um das journalistische Handwerk, viel öfter sind es die Ergebnisse, die den Kritikern nicht passen.

Doch was ist die Wahrheit? Die Bilder, die wir sehen? Die sind allzu leicht zu manipulieren.

Was in der Zeitung steht? Was jemand bei Facebook postet, in die Welt twittert? Das wird, wenn es geteilt wird, auch nicht wahrer.

Wenn es um religiöse Überzeugungen geht, wird es nicht einfacher.

 

Uralte Frage! Was ist Wahrheit? Karfreitag und Ostern sind erst ein paar Wochen her. Die Bibel berichtet im Johannes-Evangelium, wie der römische Statthalter Pilatus den angeklagten Jesus verhört. Es geht um die Frage, ob Jesus Hochstapler ist oder tatsächlich so etwas wie ein „König der Juden“. Pilatus kann mit diesem Jesus nicht so viel anfangen. Versteht auch nicht so richtig die Motive der anklagenden Jerusalemer Religionsbehörde. Am Ende muss er einigermaßen resigniert das Verhör abbrechen. „Was ist Wahrheit“, fragt er Schulter zuckend und verlässt den Raum.

 

Über die Wahrheit hat Jesus des Öfteren gesprochen. Seinen Freunden hat er in Aussicht gestellt: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“

Was ist Wahrheit? Ich lerne von Jesus: Das, was frei macht – das ist Wahrheit.

 

Es stimmt leider: Religion hat immer wieder dazu beigetragen, Menschen unfrei zu machen. Angst vor Hölle und Teufel zu verbreiten. Es hat immer Religionsvertreter gegeben, die der Versuchung nicht widerstehen wollten, Macht auszuüben und Menschen zu unterdrücken.

Mit der Wahrheit, die Jesus meint, hat diese Art Religion nichts zu tun.

 

Die Wahrheit, von der Jesus spricht, das ist mehr, als nur zwischen Fakt und Fake News unterscheiden zu können.

 

Wahrheit ist eine Haltung.

Dass man sich darum bemüht, aufrichtig zu sein.

Dass man nicht verschweigt, was gesagt werden muss, auch wenn es schmerzt.

Vielleicht ist Wahrheit auch das: Dass man damit rechnet, dass auch der andere Recht haben könnte.

 

Wahrheit hat viele Facetten. Aber wahr ist sie nur dann, wenn sie frei macht!

 

Ich glaube, das ist die Freiheit, Hoffnung fürs Leben zu haben.

Die Freiheit, der Angst nicht das letzte Wort zu lassen.

Die Freiheit darauf zu hoffen: Gott begleitet mich auf meinem Weg und meint es gut mit mir.

 

Ich bin überzeugt davon: Diese Freiheit ist nicht exklusiv, sie schließt den anderen immer mit ein.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Uwe Cassens