Gefunden werden

Morgenandacht
Gefunden werden
02.09.2019 - 06:35
13.06.2019
Cornelia Coenen-Marx
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Bruchlandung in der Wüste. Das kleine zweimotorige Flugzeug ist vollständig ausgebrannt. Pilot und Kopilot sind ums Leben gekommen. Da stehen sie nun, die Überlebenden, in der Sonora-Wüste, in Anzug und Kostüm bei 50 Grad ohne jeden Schatten. Ein paar Dinge konnten sie noch retten. Eine Taschenlampe, ein Klappmesser, eine Flugkarte und Sonnenbrillen für alle. Eine Kompass ist da und eine geladene Pistole, ein rot-weißer Fallschirm, eine Flasche mit 1000 Salztabletten, 1 Liter Wasser pro Person und ein Taschenspiegel. Und von den Piloten wissen sie, dass etwa 70 km entfernt ein Bergwerk liegen muss.

„Sonora“ ist ein Spiel, ein gruppendynamisches Training. Das Team soll entscheiden: Was ist das Wichtigste um zu überleben? Da rückt manches schnell auf einen hinteren Platz – über anderes wird lange diskutiert. Der Taschenspiegel – vielleicht kann man damit Feuer machen? Oder die Salztabletten – werden die nicht gebraucht, um den Salzverlust durch Schwitzen zu kompensieren? Aber so oder so – mit einem Liter Wasser kann man nicht lange überleben. So spitzt sich alles auf die Frage zu: Ist es richtig, sich auf den Weg zu diesem Bergwerk zu machen? Oder doch besser die eigenen Kräfte schonen, den Fallschirm nutzen, um Signale zu geben... Am Ende ist klar: Das Wichtigste ist, gefunden zu werden. Und die Chancen stehen nicht schlecht. Wenn sie sich nicht verausgaben, werden die Wasservorräte reichen. So werden schließlich auch die überzeugt, die das Warten schlecht aushalten.

Einfach warten. Und auf die Hilfe anderer setzen. Wie schwer das ist, das hat auch Melanie erlebt. Eine Macherin, eine Leistungssportlerin, die es gewohnt war, über die eigenen Grenzen zu gehen. Auch im Berufsleben war alles durchgeplant. Mit 30 kam ihre ganz persönliche Bruchlandung. Völlig übermüdet spürte sie auf einer Autofahrt eine Ohnmacht kommen und schaffte es gerade noch auf den Seitenstreifen. „Ruf die Polizei, lass Dir helfen“, sagte ihr Mann am Handy. Aber dann fuhr sie doch bis zum nächsten Gasthof. Blieb die Nacht vor Panik wach und setzte sich dann in den Zug nach Hause. „Als ich endlich da war, habe ich mich hingelegt“, sagt sie. „Ab diesem Moment konnte ich nicht mehr aufstehen. Ich konnte nicht mehr gehen, nicht mehr reden, musste ständig heulen.“ Ihre Freundin brachte sie in eine psychosomatische Klinik. Drei Monate blieb sie dort. Heute verdient sie nur noch die Hälfte, aber sie hat mehr übrig als je zuvor. Und sie spürt wieder, wenn sie sich überfordert, kann sich freuen an dem, was sie macht. Das ist das Wichtigste für sie.

„Was mir vorher Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust gehalten“, schreibt der Apostel Paulus. Eine Gewinn- und Verlustrechnung ganz eigener Art. Was vorher wertvoll erschien, hat komplett seinen Wert verloren. Paulus nennt es Dreck. Es geht um einen radikalen Perspektivwechsel. Entscheidend ist nicht, was ich leiste – sondern dass ich von Christus gefunden werde. Paulus denkt an Damaskus, wo sein Leben auf den Kopf gestellt wurde. Als er vom Pferd fiel, weil er geblendet war von einem Licht am Himmel. Als er die Stimme hörte, die Stimme Jesu: „Saul, warum verfolgst Du mich?“ Ja, er hatte Christen verfolgt – mit ungeheurem Eifer. Und dass ausgerechnet ein Christ ihn dann aufnahm in sein Haus, das war eigentlich ein Wunder. Blind und wie im Koma lag Saulus bei Ananias. Drei Tage sah Ananias nach ihm, pflegte ihn und legte ihm schließlich die Hände auf. So wurde aus Saulus Paulus. „I once was lost, but now I’m found”, heißt es im Gospel „Amazing Grace“. Das Wichtigste ist, gefunden zu werden.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

13.06.2019
Cornelia Coenen-Marx