Glauben heißt Vertrauen

Morgenandacht
Glauben heißt Vertrauen
22.01.2019 - 06:35
13.12.2018
Stephan Krebs
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Glauben heißt Vertrauen. Das hat Gisela vor 30 Jahren als Konfirmandin gelernt – und dann auch wieder vergessen. Heute wird sie sich daran wieder erinnern. Aber das weiß sie im Moment, früh am Morgen, noch nicht.

 

Die 45-jährige Gisela ist Bankangestellte. Wie an jedem Arbeitstag fährt sie auch heute zehn Kilometer in die nächste Stadt. 20 Minuten, dann ist sie da, denkt sie. Doch heute kommt es anders. Ihr Wagen wird langsamer, obwohl sie Gas gibt. Gisela kann ihn gerade noch auf einem Parkstreifen im Wald zum Stehen bringen. Dann schweigt der Motor.

 

Sie will die Werkstatt anrufen. Doch erschrocken muss sie feststellen: Sie hat das Handy zu Hause vergessen. „Ach du lieber Gott“, murmelt sie erschrocken vor sich hin, als sie erkennt, dass ihr niemand helfen kann. Gisela steigt aus, schließt ab und geht los. Es ist ja nicht sehr weit zur Stadt, noch etwa vier Kilometer, so schätzt sie. Aber bereits nach hundert Metern merkt sie, dass ihre halbhohen Büroschuhe für einen solchen Fußmarsch nicht geeignet sind. Da hört sie, wie sich von hinten ein Auto nähert. Es stoppt, das rechte Seitenfenster geht herunter und eine Männerstimme fragt: „Soll ich Sie mitnehmen?“

 

Gisela zuckt zusammen. In Sekundenbruchteilen hört sie vertraute Stimmen in ihrem Kopf. „Sei vorsichtig, man weiß ja nie…!“ „Geh nicht mit fremden Männern!“ Dazwischen auch: „Wie schön, dass jemand kommt!“

 

Im Hintergrund geht es dabei um die tiefgehende Frage: Vertrauen oder Misstrauen? Was erwarte ich vom Leben, von meinen Mitmenschen und von Gott?

 

Während Gisela noch überlegt, hört sie sich in knappem Tonfall sagen: „Nein danke.“ Sofort ärgert sie sich. Sie will wenigstens noch etwas Freundliches hinterher sagen. Oder vielleicht doch einfach einsteigen und sagen: „O ja gerne, Sie schickt der Himmel.“ Aber dazu kommt sie nicht mehr, denn der Wagen wird bereits mit reichlich Gas davongefahren.

 

In dem Wagen sitzt Hubert, ein freundlicher und höflicher Mann Ende 50. Während er davonbraust, fragt er sich: „Warum bin ich so schnell weitergefahren?“ Er beschwichtigt sich mit dem Gedanken: „Sie hatte Angst vor mir. Das wollte ich ihr ersparen.“ Doch Hubert ist ehrlich genug mit sich um zu wissen: In Wahrheit hatte ihr knappes „Nein danke“ ihn gekränkt. Gerne wäre er ein Engel im rechten Augenblick gewesen. Hier, auf der Straße im Wald, hätte er das einmal leben können! Aber er hatte es vermasselt. Gut, sie hatte ihn abgewiesen. Aber er hätte doch noch einen Anlauf nehmen und Vertrauen schaffen können. Stattdessen war er seiner Kränkung gefolgt und übereilt davongefahren. Hubert fragt sich selbstkritisch: „Um wen ist es mir eigentlich gegangen? Um die Frau, die Hilfe brauchte? Oder um mich selbst, weil ich mich gerne als hilfreicher Retter sehen wollte?“

 

Derweil geht Gisela am Straßenrand weiter. Sie fragt sich, warum sie ihrem Misstrauen gefolgt ist. Der Mann hatte ihr dazu keinen Grund gegeben. Er war ihr seriös und hilfsbereit erschienen. Warum also das Misstrauen? Wer und was hatte ihr dieses Misstrauen eingepflanzt? Und war es wirklich berechtigt? Inmitten dieser Fragen fällt ihr jener schlichte Satz aus ihrer Konfirmandenzeit ein: „Glauben heißt Vertrauen“. Nicht blindes Vertrauen in alles und jeden. Aber eben Vertrauen darin, dass Gott einem Gutes tun will. „Gebt Gott eine Chance, euch gut zu sein!“, hatte der Pfarrer noch gesagt. Gisela seufzt: „Das wäre jetzt wohl der Moment gewesen, der Augenblick für etwas Vertrauen in Gott und sein Bodenpersonal.“

 

Man möchte hoffen, dass Hubert das irgendwie spürt. Er könnte doch einfach umkehren und es noch einmal versuchen. Engel müssen auch mal einstecken können und etwas riskieren. Dann könnte es doch noch klappen mit der gemeinsamen Autofahrt, mit einem schönen Gespräch und zwei fröhlichen Gesichtern inklusive. Unrealistisch? Vielleicht. Aber wie gesagt: Glauben heißt Vertrauen.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

13.12.2018
Stephan Krebs