Himmel

Morgenandacht

Gemeinfrei via unsplash/ Nathan Anderson

Himmel
20.01.2022 - 06:35
14.01.2022
Peter Oldenbruch
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Die Sendung zum Nachlesen: 

 

Die biblische Losung für den heutigen Tag, ausgelost aus 1.800 biblischen Versen, stammt aus Psalm 19:

 

„Die Himmel erzählen die Ehre Gottes.“

 

Der Philosoph und Theologe Christian Fürchtegott Gellert hat aus dem Psalm ein Gedicht gemacht. Es beginnt nahezu wortgleich: „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“.

 

Und Ludwig van Beethoven hat die ersten beiden Strophen von Gellerts Gedicht vertont. Die zweite Strophe beginnt mit: „Wer trägt der Himmel unzählbare Sterne?“ Beethovens Melodie haben viele im Ohr.

 

„Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre, ihr Schall pflanzt seinen Namen fort“ (Ulrich Bieber)

 

Ich habe dieses Lied ein Pfarrerleben lang vor allem von Männerchören gehört. Und das ist womöglich kein Zufall. Gott in der Natur zu suchen - ist eine Form männlicher Spiritualität. „Ich begegne meinem Herrgott im Wald“ - diesen Satz habe ich ebenfalls ein Pfarrerleben lang immer wieder gehört, vor allem von Männern. Was ein bisschen verrückt ist, weil es in Rheinhessen, der Weltecke, in der ich lebe, kaum Wald gibt. Wahrscheinlich ist Wald aber auch bloß eine Chiffre für Natur. In einer empirischen Studie, Titel: „Was Männern Sinn gibt“, sagt ein Mittdreißiger:

 

„Wenn ich dann an den Himmel rauf schaue und sehe die Sterne: Mensch, wie viel Sterne gibt´s denn überhaupt? ... Das ist Mystik ... Unbezahlbar. Unbezahlbar. Und wenn man dann wieder mal so einen Abend gehabt hat, ist das schön ... Dann denkt man, wie klein man eigentlich ist.“ (1)

 

Männer erlebten Natur als Sinn, behauptet die Studie, als „Gefühl der Zusammengehörigkeit zu diesem größeren Kontext bei gleichzeitiger Betonung der eigenen Kleinheit.“ Und in diesem Gefühl von Sinn steckt auch ein Hauch von Ehrfurcht. Sogar bei Männern, denen die Kirche eher eine fremde Heimat ist. Gerade bei Männern scheint es also so etwas wie eine „Schöpfungsfrömmigkeit“ zu geben, eine Schöpfungs-Spiritualität.

 

Zwei Dinge erfüllten das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht,

glaubte auch Immanuel Kant: „der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“

 

Bewunderung und Ehrfurcht nähmen zu, „je älter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt.“

 

„Die Himmel erzählen die Ehre Gottes.“

 

Zehn Milliarden Galaxien mit durchschnittlich zehn Milliarden Sternen, also eine Zahl von zehn hoch zwanzig Sternen. „Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen?“, so vernahm lange vor Jesaja bereits Abraham seinen Gott. Und Abraham glaubte seinem Gott.

 

Der Blick zum Himmel hat offensichtlich religiöses Potential. Statt nur um mich selbst zu kreisen, richtet sich der Blick nach oben. Statt der Krümmung allein um mich selbst, entwickle ich als Sternengucker eine neue Perspektive, eine demütigere. Statt mich aufzuplustern, spüre ich die eigene Winzigkeit. Und das tut uns Männern gut, aber nicht nur uns.

 

Kants Bewunderung und Ehrfurcht galten gleichermaßen dem gestirnten Himmel über ihm und dem moralischen Gesetz in ihm. Das moralische Gesetz in ihm lautete: Handele so, dass die Beweggründe deines Handelns ein allgemeines Gesetz werden könnten, dass die Beweggründe deines Handelns für alle gelten könnten.

 

Den gestirnten Himmel vor Augen entwickele ich eine demütige Perspektive auf mich. Und gerade so geraten die anderen Menschen in meinen Blick. Die Sterne himmeln nicht mich an. „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre.“

 

Literaturangaben:

  1. Martin Engelbrecht/Martin Rosowski, Was Männern Sinn gibt - Leben zwischen Welt und Gegenwelt, Stuttgart 2007, 83

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

14.01.2022
Peter Oldenbruch