Kann das weg?

Morgenandacht
Kann das weg?
06.07.2021 - 06:35
01.07.2021
Holger Treutmann
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Ist das Kunst oder kann das weg?
Immer wieder gern wird die Geschichte über Joseph Beuys erzählt, dass eine Reinigungskraft in der Ausstellung seine künstlerische Installation pflichtbewusst entsorgt hätte. Andere Künstler vor Beuys im Surrealismus oder Dadaismus  verwendeten auch schon Alltagsgegenstände, verfremdeten die Wahrnehmung des Gewöhnlichen und verliehen ihnen neue Aufmerksamkeit. Gefundene Gegenstände, objets trouvés, sind zu einem Stilmittel in der darstellenden Kunst geworden, die sich heute in Brechungen unterschiedlicher Qualität wieder finden. „Schön wie die Begegnung einer Nähmaschine mit einem Regenschirm auf einem Seziertisch“ so hat es ein Vertreter des Surrealismus einmal in Worte gefasst.

Ist das Kunst oder kann das weg?
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich Sammlungen von Alltagsgegenständen im Hobbykeller anlegen. Bierdeckel oder Streichholzschachteln, Kaffeekannen oder Kugelschreiber. Ins Nachdenken aber komme ich schon, wenn ich manch schönen Flacon eines Parfums in der Hand halte, der irgendwann im Container landet. Ich kann mich auch für das kühle Outfit einer Bierdose begeistern. Das superdünne Aluminium, edel beschichtet mit Schrift und Design. Eine Haptik, die schon von außen die perlende Erfrischung ahnen lässt, die mich im Innern erwartet. Und doch wird das kleine Kunstwerk dann für 25 Cent von einem numinosen Metall- und Plastikfresser kompaktiert und hoffentlich zumindest einem ordnungsgemäßen Recycling übergeben. 

Wie ist das mit unserem Müll?
Die Entsorgungsplätze vergangener Jahrhunderte waren schon immer eine Fundgrube für Forscher. Was wird man wohl einmal über unsere Zeit sagen, wenn im Müll gegraben wird? 
Es könnte sein, Spätere schaudern begeistert darüber, was wir uns für die Verpackungen haben einfallen lassen und sind zugleich entsetzt, wie gedankenlos wir dafür die eigenen Lebensgrundlagen ausgebeutet haben; und das nicht, um den Hunger des Magens zu stillen, sondern den praktisch unersättlichen Hunger der Augen. Mein Gott, was die alles weggeworfen haben!

Hinzu kommt eine explodierende Lieferindustrie. Bei Nichtgefallen Geld zurück und gegebenenfalls Vernichtung der Neuware noch in der Verpackung.
Immerhin das soll ein neues Gesetz verhindern.

Ist das Kunst oder kann das weg?
Als hätte sich im frühen Christentum bereits eine Wegwerfmentalität breit gemacht, heißt es im Hebräerbrief der Bibel: Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Verheißung hat.
Die Religion als Kunst? Kleinkunst der Lebensuntüchtigen in der Verlorenheit des Alls? Hohe Kunst der Intellektuellen, die einen Gott immer noch für denkbar halten im philosophischen Kalkül? Oder praktische Lebenskunst von Menschen, die Trost suchen über alle Brüche und Tiefen des Lebens hinweg oder zumindest einen Rest an ethischer Orientierung in Geboten, die an das unverbrüchliche Gewissen vor einem göttlichen Du appellieren.

Werft euer Vertrauen nicht weg.
Glaube heißt ja nicht nur, anerkennen, dass es einen Gott gibt.
Glaube heißt vor allen Dingen: Zuversicht für das Leben.
Mag sein, wir verzweifeln vor den Bergen von Müll auf den Kippen und in den Worten politischer Auseinandersetzung. Mag sein, wir sehen kein Land mehr, wie unsere Welt lebenswert zu gestalten ist.
Religiöser Glaube enthält immer diese drei Komponenten:
Vertrauen auf Gott, Vertrauen in den anderen und vertrauen auf mich selbst.
Ja, du kannst etwas bewirken. Verhältnisse fallen nicht vom Himmel, sondern sind menschengemacht. Und was von Menschen gemacht ist, lässt sich auch von Menschen verändern. Gott will nicht den Tod. Er ist das Leben und erfüllt unser irdisches Dasein im Glanz seiner Ewigkeit.
Darum: Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Verheißung hat.
 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

01.07.2021
Holger Treutmann