Schöpfung feiern

Morgenandacht
Schöpfung feiern
18.02.2019 - 06:35
03.01.2019
Annette Bassler
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Sandsturm über der Sahara, Schnee auf den Gipfeln der Anden, Hurricane über dem Pazifik – unsere Erde von oben. Einen ganzen Sommer lang hat uns Alexander Gerst Fotos geschickt. Fotos von seiner Raumstation im All.

Einen Sommer lang hat er uns Anteil haben lassen an seinem Staunen. Was für ein wunderschöner Planet, grün, blau, braun und weiß, umgeben von einer zartblauen Hülle, unsere Atmosphäre. Nach seiner Rückkehr auf die Erde sagte er: Den Wind auf der Haut, den habe er doch vermisst. Und den Spaziergang durch den Wald, den Duft von feuchtem Humus und von Tannen.

Ich werde wohl nie ins All fliegen. Aber wenn ich in meinen Garten stehe, dann kann auch ich nur noch staunen. Jedes Jahr mehr. Die alte Konifere, die den trockenen Sommer überstanden hat und sich jetzt im Wind wiegt. Die Krokusse, die ihre zartgrünen Triebe durch die Erde schieben. Mir macht das unbändige Lust auf Leben. Und ich kann es kaum erwarten, wieder im Garten zu werkeln.

Manchmal mache ich mich gleich nach dem Frühstück ans Werk. Mit Schaufel und Gartenschere. Verdorrtes zusammenrechen, damit Grünes Platz hat. Nach einer Weile kommt mein Mann und ruft mich zum Essen. Oh, sage ich dann, schon Mittagessen? Und er meint: Nein, nicht Mittag, es ist Zeit zum Abendessen. Und ich: Nein – echt jetzt?

Ja, so ist das. Im Garten bin ich in einer anderen Welt. Und falle oft ein wenig aus der Zeit. Da steht ein Baum seit 40 Jahren an derselben Stelle, Sommer auf Winter auf Sommer. Der Rosenstock, der letztes Jahr wie tot ausgesehen hat. Jetzt treibt er wieder Knospen, beim Rhododendron tut sich gar nix. Alles ist, wie es ist. Werden und Vergehen und Werden. Alles darf sein und ist gut. Hier muss ich mich nie erklären oder rechtfertigen. Alles hat seinen Sinn in sich.

„Die Ros ist ohne warum,“ dichtete Angelus Silesius, „sie blühet, weil sie blühet. Sie acht nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.“

Zwischen Rosen und Brennnesseln bin ich – ich. Bin all-eins und doch nicht allein. Augenblicke voller Ewigkeit.

„Du Gott breitest den Himmel aus wie einen Teppich. Heißt es in einem Psalm, Du feuchtest die Berge von oben her, du machst das Land voll Früchte, die du schaffest. Du lässt Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz des Menschen. Dass du Brot aus der Erde hervorbringst und der Wein erfreue des Menschen Herz.“

Himmel und Erde, Brot und Wein. Vielfalt der Arten in Fauna und Flora. Die Kreisläufe der Vegetation, der Wechsel der Jahreszeiten. Das alles ist Schöpfung. Und das alles hat mit Gott dem Schöpfer zu tun, sagt der Psalm.

Das alles ist keine Ware, nichts, aus dem man einfach nur Profit schlagen kann. Es ist verletzlich und zerstörbar. Und es ist vieles schon zerstört, unwiederbringlich ausgestorben. Ein Prozess, den wir stoppen müssen, so die Wissenschaftler.

Einer von ihnen ist der Zoologe und Evolutionsforscher Ernst O. Wilson. Er kommt zu dem Schluss:

„Wir brauchen einen Platz in der Wissenschaft, der die Geschichte der Schöpfung feiert…. Ein quasi religiöser Respekt vor der Umwelt, vor dem Land, auf dem wir leben und vor dem Planeten an sich.“ (1)

Ein „quasireligiöser Respekt vor der Natur, vor dem Land und dem Planeten.“ Wenn ich in meinem Garten stehe, dann kann ich gar nicht anders. Und vielleicht haben Sie auch so einen Ort, an dem Sie gar nicht anders können als diesen „quasi religiösen Respekt“ zu haben.

Ich kann gar nicht anders, als einen Schöpfer zu denken, der das alles so weise geordnet hat. Ich kann nicht anders als Schmerzen zu empfinden über zwei alte Tannenbäume, die im letzten Sommer vertrocknet sind. Oder über das so leise Gezwitscher am Morgen, weil es so wenig Vögel nur noch gibt.

Ich spüre, wie zerbrechlich er ist, unser bunter Planet mit der zartblauen Hülle, der Einzige weit und breit im unendlichen schwarzen All.

John F. Kennedy hat mal gesagt: Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, frage, was du für dein Land tun kannst.

 

 

(1) Zeit 03/2019 S.33

 

Es gilt das gesprochene Wort.

03.01.2019
Annette Bassler