slow fashion

Morgenandacht
slow fashion
19.09.2019 - 06:35
18.07.2019
Holger Treutmann
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Wenn der Sommer sich denn nun endgültig verabschieden will, wird es Zeit, den Kleiderschrank wieder umzuräumen. Hatten sich über die letzten Wochen die T-Shirts und Kurzarmhemden in den Vordergrund gedrängt, so gilt es jetzt, wieder nach dickeren Stoffen Ausschau zu halten: Lange Hosen, Jacken und Wolligeres. Denn draußen wird es kälter.

 

Es lohnt sich, den Kleiderschrank einmal auf den Kopf zu stellen. Erstaunlich. Da kommen Kostbarkeiten zu Tage, die ich völlig vergessen hatte, und die jetzt wohl auf die nächste Saison warten müssen. Und anderes fällt mir in die Hände, was jetzt endgültig aussortiert werden sollte. Eigentlich habe ich die Kleidung über Jahre nicht getragen.

 

Kleidung ist relativ billig bei uns. Das hängt damit zusammen, dass sie in Ländern produziert wird, die ein deutlich niedrigeres Lohnniveau haben. Manchmal sind es ausbeuterische Verhältnisse, in denen Kleidung produziert, gehandelt und verschifft wird. Preisdiktate, geringer Arbeitsschutz, minderwertige Qualität, keine Umweltstandards. Ich ahne es nur.

 

Ganze Kleidungsketten haben sich darauf spezialisiert, billig anzubieten. Die Mode wandelt sich schnell. Immer mal etwas Neues kaufen, auch mal ein Teil mehr, als unbedingt nötig, das macht auch mir Spaß. Da dürfen die finanziellen Hürden nicht zu hoch sein. Fast fashion. Die Schnelle Mode, die billig gekauft, auch schnell wieder abgelöst werden kann.

 

Was tue ich da eigentlich, wenn ich mich in solche Stoffe hülle? Färbt die Kleidung auf mein Leben ab? Eigentlich ist sie nur eine äußere Schale. Kleider machen Leute, heißt es allerdings auch. Wenn das stimmt, dann prägt die Kleidung nicht nur meinen äußeren Auftritt, sondern formt auch mein Wesen mit. Ich fühle mich ein bisschen besser, ja mehr noch – ich bin auch, was ich trage. Ich entwerfe mich mit dem, was ich anhabe.

 

Möglicherweise wussten das auch die ersten Christen schon sehr genau. Immer wenn ein Mensch getauft wurde, bekam er ein weißes Kleid zum Anziehen. Ich selbst hatte ein Taufkleid, in das man mich als 4-monatiges Kind hüllte. Es glich eher einem Brautkleid als einem Strampler. Nicht wenige Familien geben ein solches Kleid weiter durch die Generationen. Slow fashion. Furchtbar altmodisch.

 

Das hängt damit zusammen, dass die Gabe der Taufe etwas Ewiges ist.

In einem Psalm der Bibel heißt es:

Mein Gott, du bist sehr herrlich,

du bist schön und prächtig geschmückt.

Licht ist das Kleid, das du anhast. (Ps. 104,2)

 

Weil wir Christen uns Gott irdisch vorstellen, geben wir ihm Attribute, die auch sehr menschlich scheinen. Als trüge er ein Kleid, wie wir. Schönheit ist sein Wesen. Licht ist seine Gestalt, in der er für uns zu ahnen ist.

Keine Mode, die heute oder morgen wechselt, sondern ein Licht, das die Fülle aller Farben in sich trägt.

 

Das Taufkleid ist weiß. Die Farbe des Lichts.

Weil Christus gesagt hat: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird das Licht des Lebens haben. Und zugleich: Ihr seid das Licht der Welt.

Ihr könnt es hell machen. Ihr könnt strahlen.

 

Natürlich wechseln auch wir Christen die Kleidung.

Auch das lichteste Kleid bekommt auf Erden Flecken und beginnt irgendwann zu müffeln. Aber wir könnten etwas vom lichten Wesen Gottes in unseren Alltag bringen: Vergeben, großzügig sein. Dem Bösen widerstehen und Gutes erwarten. Und nicht zuletzt achtsam sein für das, was wir auf dem Leibe tragen. So als färbte es auf unser Wesen ab, wenn Unrecht geschieht; auch bei der Produktion unserer Mode.

Wo wir doch Lichtgestalten sein könnten. Bright fashion, gerade wenn der Herbst kommt und die Tage wieder dunkler werden.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

18.07.2019
Holger Treutmann