„Big Five“-Fragen: Büffel

Wort zum Tage
„Big Five“-Fragen: Büffel
23.02.2021 - 06:20
18.02.2021
Pfarrerin Kathrin Oxen
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Zu den „Big Five“ der afrikanischen Tierwelt gehört auch der Büffel. Er kann bis zu einer Tonne wiegen. Seine auf der Stirn miteinander verbundenen mächtigen Hörner bilden einen markanten Knochenschild. Die perfekte Ausstattung, um mit dem Kopf durch die Wand zu kommen. Meine „Big Five“-Frage ist heute deswegen die Büffelfrage. Sie dreht sich um den menschlichen Willen - und um seine Grenzen. Besonders wegen der aktuellen Debatte um die Möglichkeit eines assistierten Suizids als Form der Sterbehilfe habe ich darüber nachgedacht. Ich bin froh, dass die Diskussion darüber mittlerweile eine andere Tiefe erreicht als beispielsweise noch in dem Buch und dem daraus entstandenen „TV-Event“ „Gott“ von Ferdinand von Schirach.

 

Die große Frage ist die, ob der Wille eines Menschen, seine Selbstbestimmung, wirklich frei sein kann. Und ob der freie Wille das höchste aller Güter ist. Diese Frage ist, vielleicht auch durch die hautnahen Erfahrungen mit der Sterblichkeit während der Pandemie, wieder sehr aktuell geworden. „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen“, lautet das umstrittene Urteil des Bundesverfassungsgerichts in dieser Sache. Wie gesagt: Es ist gut, dass dieses schwierige Thema nun so intensiv diskutiert wird. Aber je länger diese Diskussion andauert, desto skeptischer werde ich, ob der Wille eines Menschen zum Maßstab des Handelns werden sollte.

 

Meine Erfahrung ist eine andere: Wirklich selbstbestimmt ist nur sehr wenig im Leben eines Menschen. So vieles ist doch so zufällig, manches ist schicksalhaft. Und im Blick auf mein eigenes Leben muss ich sagen: Es waren sicher nicht die besten Entscheidungen, wenn ich unbedingt meinen Willen durchsetzen wollte und das nur mit dem Kopf durch die Wand geschafft habe. Denn das waren oft sehr einsame Entscheidungen. Und beim Gedanken an das Ende meines Lebens will ich eigentlich gar nichts Bestimmtes. Ich weiß doch gar nicht, was auf mich zukommt und was ich dann vielleicht anders haben will als jetzt. Und deswegen ist es so schwer, sich darauf vorzubereiten. Egal, wie es kommt: Ich wünsche mir auf jeden Fall, keine büffeleinsamen Entscheidungen treffen zu müssen. Ich wünsche mir Menschen an meiner Seite, die mich begleiten, mir helfen, mich trösten. Am besten eine ganze Herde.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

18.02.2021
Pfarrerin Kathrin Oxen