Ein Maß fürs Menschliche

Wort zum Tage
Ein Maß fürs Menschliche
18.01.2020 - 06:20
12.12.2019
Michael Becker
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Manchmal muss man sich erinnern. Auch wenn man es nicht will. Viel lieber würde man vergessen. Aber da sind andere, die uns erinnern. Dann tun wir es doch lieber gleich selbst. Heute vor 75 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz geräumt. Wobei „geräumt“ ein zu vornehmer, harmloser Ausdruck ist. Die Menschen, die noch im Lager waren, wurden auf einen Todesmarsch in Richtung Westen geschickt. Mitten im kalten Winter. Die Nationalsozialisten hatten Angst vor der russischen Armee. Die war schon sehr nahe. Die Nationalsozialisten wollten schnell noch vertuschen, was immer sie konnten. Nichts konnten sie vertuschen. Nach und nach in den nächsten Jahren kam alles ans Licht. Und wir heute tragen die Last der Erinnerung.

Wir haben damit erst einmal nichts zu tun, natürlich nicht. Viele Deutsche wie ich waren noch gar nicht auf der Welt. Dann können wir nicht schuldig sein. Es gehört aber zu dem, was Deutschland ist. Für immer wird es dazugehören, auch wenn viele es am liebsten vergessen möchten. Das kann ich verstehen, ein wenig. Deutschland ist ja mehr als das so genannte „Dritte Reich“, mehr als Krieg und Vernichtung von Menschen. Deutschland ist auch ein Land mit langer Geschichte und großer Kultur und Forschung und Weisheit. Zum Glück ist es das. Aber Deutschland ist eben auch die Zeit des „Dritten Reichs“, die Jahre der Hölle.

Selbst wenn wir das vergessen - die Opfer erinnern uns. Vermutlich immer. Dann tun wir es doch besser gleich selbst und erinnern uns, was aus Menschen werden kann. Wie Menschen verführt werden können; und sich verführen lassen. Wie Menschen andere Menschen erst schlecht reden und dann unterdrücken. Wenn sie kein Maß mehr haben. Kein Maß mehr fürs Menschliche. Das brauchen wir, unbedingt. Wir brauchen jemanden, der weiß, was menschlich ist. Am besten Gott, der sagt: Wenn du in deiner Mitte niemanden unterdrückst … dann wird der HERR dich immerdar führen (Jesaja 58,9-11). Ein wunderbares Versprechen, finde ich. Ein Maß für die Ewigkeit. Wer auf andere achtet, lebt an der Hand Gottes. Wird geführt. Findet Frieden mit sich und Gott. Daran will ich mich gerne erinnern. Und es mir in mein Herz schreiben.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

12.12.2019
Michael Becker