Ein modernes biblisches Buch

Wort zum Tage
Ein modernes biblisches Buch
04.06.2018 - 06:20
07.03.2018
Diederich Lüken
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Das Buch „Der Prediger Salomo“ ist das wohl modernste in der Bibel. In einer fast existentiellen Radikalität stellt es alles in Frage, was das menschliche Leben mit sich bringt, und gelangt immer wieder zu der Auffassung: „Es ist alles ganz eitel“, also wertlos, ein Haschen nach Wind. Einen Lebensbereich nach dem anderen erforscht es, um immer wieder zu demselben Ergebnis zu kommen: Auch das ist ein Haschen nach Wind. Auch auf den Tod kommt der Autor zu sprechen und macht wenig Hoffnung. „Denn es geht dem Menschen wie dem Vieh: Wie dies stirbt, so stirbt auch er, und sie haben alle einen Odem, und der Mensch hat nichts voraus vor dem Vieh; denn es ist alles eitel“ (Prediger Salomo 3,19). Wo bleibt da der Vorzug des Menschen vor der außermenschlichen Schöpfung? Im Tod hat der Mensch keinen Vorteil mehr, alles ist aus Staub geboren und wird wieder Staub.

 

Die Frage ist nur: Wenn einem das bewusst ist, wie kann man damit leben? Kann man überhaupt damit leben? Der Prediger Salomo meint dazu, dass das mit Weisheit zu tun habe. Es ist weise, die enge Begrenzung des Lebens zu akzeptieren – aber, so sagt er, „wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämen“ (Prediger Salomo 1, 18). Darum wohl ist heute die Frage nach dem Tod für viele ein Tabuthema. Es liegt vielleicht genau daran, dass die Weisheit unserer Tage am Ende nur eine Handvoll Staub sieht. Daran liegt es vielleicht auch, dass es eine verbreitete Nervosität im Lebensvollzug gibt – man kann gar nicht genug tun, gar nicht genug erleben, die Zeit wird angefüllt und ausgekostet bis zur Überfülle. Denn was man hier und jetzt nicht erlebt, erlebt man nie wieder; was man hier und jetzt nicht erreicht, erreicht man später gar nicht mehr. Das Leben ist die einzige Gelegenheit, die Schönheit und den Reichtum dieser Welt zu genießen. Der Prediger Salomo kann dem auch einiges abgewinnen. „So sah ich denn, dass nichts Besseres ist, als dass ein Mensch fröhlich sei in seiner Arbeit; denn das ist sein Teil“ (Prediger Salomo 3,22). Der Gedanke an die Hinfälligkeit und Begrenztheit des Lebens führt bei ihm also gerade nicht zu einer Hyperaktivität, sondern er schlägt vor, dass man fröhlich seine Arbeit tut. Wie aber ist das möglich? Bei aller existentiellen Radikalität verzichtet der Prediger Salomo letztlich doch nicht auf seinen Glauben an Gott. Und er kommt zu dem Schluss, Gott habe alles schön gemacht und auch die Ewigkeit in das Herz des Menschen gelegt. In der Hoffnung auf diese Ewigkeit gilt es, möglichst fröhlich zu arbeiten – und zu leben.

07.03.2018
Diederich Lüken