Es ist alles ganz eitel

Wort zum Tage
Es ist alles ganz eitel
09.06.2018 - 06:20
07.03.2018
Diederich Lüken
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Michel aus Lönneberga, Kalle Blomquist, Pippi Langstrumpf – welches Kind kennt sie nicht, die fröhlichen Kinderbücher der schwedischen Autorin Astrid Lindgren. Viele ihrer Helden begleiten die Kinder bis weit ins Erwachsenenalter hinein. Wenig bekannt ist indessen, dass ihre Einstellung zum Leben von einem schweren Kontrapunkt beschattet war, der mit zunehmendem Alter immer stärker wurde. Das war die Einsicht, die der biblische Autor des Buches Prediger Salomo in die Worte fasst: „Es ist alles ganz eitel“ (Prediger Salomo 1,2). Das Wort eitel hat hier eine spezielle Bedeutung. Der Übersetzer des Buches Prediger meint damit wertlos. Mit großem Realismus analysiert der Autor des Buches Prediger das Leben und er wird nicht müde zu behaupten, Werk und Wirken des Menschen seien wertlos, nichtig, also eitel. Astrid Lindgren hat einen festen Platz in den Herzen so vieler kleiner und großer Leser. Obwohl sie also so viel Gutes erlebte, war sie von dieser „Eitelkeit der Eitelkeiten“, wie der Prediger an anderer Stelle sagt, durchdrungen. In einem Brief an ihre Freundin Louise Hartung schrieb sie: „Denk dir etwas Gutes aus und sage mir, warum wir leben, wenn dir etwas einfällt. Ich finde, dass alles Eitelkeit und ein Haschen nach dem Wind ist.“ Diese Worte drückten exakt die existentielle Grunderfahrung der Schriftstellerin im Alter aus. Das Leben erlebte sie als etwas Flüchtiges, Instabiles und mitunter Sinnloses. Doch ein leiser Trost blieb ihr. In den letzten Jahren ihres langen Lebens entwickelte Astrid Lindgren ein vorsichtiges Vertrauen zum christlichen Glauben, in dem sie erzogen worden war. In einem Interview sagte sie: „Also zweifelte ich an meinem eigenen Zweifel.“ Das Leben, so erklärte sie, sei zwar ein Haschen nach Wind, machte eine rasche Handbewegung und pustete, als wolle sie eine Kerze ausblasen. Aber dennoch sei es nicht lauter Leere und Sinnlosigkeit. Denn in der Natur gebe es eine Ordnung und Planmäßigkeit, die auf einen Sinn des menschlichen Daseins verweise. Der Prediger Salomo, den sie so gern zitierte, geht allerdings noch einen großen Schritt weiter. Am Ende seines Buches sagt er: „Lasst uns am Ende die Summe von allem hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gilt für alle Menschen. Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse.“ Da also, in dem, was der Prediger das Gericht Gottes nennt, liegt der Sinn des vergänglichen Menschenlebens, dort werden die Eitelkeiten dieser Welt gewogen und gewürdigt.

 

(Nach: Jens Andersen, Astrid Lindgren, Ihr Leben, DVA München 2015)

07.03.2018
Diederich Lüken