Genügsam sein

Wort zum Tage
Genügsam sein
11.04.2020 - 06:20
30.01.2020
Michael Becker
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Dieses Wort ist jetzt häufiger in meinem Kopf: Genügsamkeit. Neulich fiel das Wort in einem Gespräch. Eine Frau erzählt mir, die Kinder hätten ihr die Augen geöffnet. Sie meint die Freitagskinder, die für ein besseres Klima auf die Straßen gehen. In aller Welt. Zuerst habe sie sich geärgert, sagt die Frau, dann gestaunt, dann hingehört. Sie hörten einfach nicht auf, die Kinder. Jetzt dürfen sie ja nicht mehr. Aber das haben sie geschafft, sagt die Frau: sie denke nun über sich nach. Über ihren Lebensstil. Und was sie mit ihrem Geld bisher so angefangen hat. Das dauerte, dieses Nachdenken. Aber dann sagt sich die Frau eines Tages: Für mich ist jetzt Schluss. Ich will nicht mehr. Dann wurde auch noch alles stillgelegt, das half mir, sagt sie. Ich will nicht mehr fliegen, will das Auto stehen lassen, wann immer es geht. Ich will auch beim Essen kaufen aufpassen. Ich will niemanden überreden, aber ich selbst will anders werden. Man muss auch mal genügsam sein.

 

Da war es, das Wort. Seitdem schleicht es durch meine Sinne. Ein schönes Wort. Es klingt ein bisschen flauschig. Man möchte sich hineinlegen und darin kuscheln. Und erst sein Inhalt. Wie eine Erholung vom „Immer mehr“ und „Immer weiter so“. Als gäbe es keine Bremse und keinen Halt. Gibt es aber. Manchmal wird der erzwungen wie in den letzten Wochen. Oder er ist in mir. Ich selber kann sagen: Ich habe genug. Leicht ist das nicht. Aber hilfreich. Vielleicht nicht sofort, aber bald. Was hilft das Immer mehr, wenn ich mir und anderen damit schade, womöglich der Erde schade. Die Seele kann auch anders; sie mag es, auch mal still zu sein. Die Seele liebt Genügsamkeit, glaube ich. Schon deswegen ist das Wort schön. Es schmeichelt der Seele. Und dann mir. Mich zurücklehnen, Feiertage genießen. Gott einen guten Mann sein lassen, wie man so sagt. Ein schönes Bild von Gott ist das, der mal alles stehen und liegen lässt und sagt: Es ist genug; ich lasse es gut sein. Das kann ich doch auch. Es kostet nichts. Außer sich sagen: Jetzt lasse ich’s gut sein. Man kann auch mal ganz ohne was einfach zufrieden sein, hoffe ich. Und wünsche Ihnen gesegnete Feiertage.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Michael Becker