Nikolaus wie Weihnachtsmann?

Wort zum Tage
Nikolaus wie Weihnachtsmann?
06.12.2019 - 06:20
05.09.2019
Dirck Ackermann
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„Darf ich mich vorstellen: Nikolaus Ackermann. Nikolaus wie Weihnachtsmann. Ackermann wie Bauer.“ Als Kind habe ich mich jedes Mal amüsiert, wenn mein Großvater sich so mit seinen Namen vorgestellt hat. Nikolaus wie Weihnachtsmann. Sogleich kamen mir Bilder in den Kopf: wie mein Großvater im roten Mäntelchen und Sack auf dem Rücken die Geschenke für die Kinder nachts verteilt. Da musste ich immer kichern.

Erst später habe ich begriffen, welch’ ernster Sinn hinter seinem Vornamen steckte.

Anders als mein Familienname Ackermann vermuten lässt, stamme ich aus einer Seefahrerfamilie. Meine Vorfahren fuhren mit Segelschiffen über die Weltmeere. Abenteuerliche Fahrten: Kap Horn oder Kap der guten Hoffnung. Als Kind hörte ich Geschichten von Fahrten durch stürmische See hin zu fremden Ländern. Mitbringsel meines Urgroßvaters stehen noch in unserer Wohnung. Riesige Muscheln aus der Südsee. Porzellanhunde aus China.

Das Schiffsmodell des Seglers, auf dem mein Urgroßvater zuletzt gesegelt ist. Eine Zweimastbark mit weißen Rumpf. Eine besondere Gabe: Denn auf diesem Schiff ist mein Urgroßvater gestorben. Nicht ertrunken, er starb mit 38 Jahren an Gelbfieber. Er wurde auf See bestattet. Die Briefe des Reeders an meine Urgroßmutter lassen den quälenden Sterbeprozess erahnen.

Eine Seefahrerfamilie: Abenteuer und Lebensbedrohung. In dieser Spannung standen die Geschichten meiner Kindheit.

Und daher dann auch der Name meines Großvaters:

Nikolaus – Bischof von Myra im vierten Jahrhundert. Schon früh wurde er als Heiliger verehrt – und als Schutzpatron für die Seefahrer und Reisenden.

Eine Legende erzählt, wie Seeleute bei Sturm in Seenot gerieten. In ihrer Not beteten sie. Dann erschien ihnen ein Mann. Er übernahm die Navigation, setzte die Segel richtig, und ja: er brachte sogar den Sturm zum Abflauen. Nach der Rettung war der Mann wieder verschwunden. Als die Seeleute später in der Kirche von Myra ein Dankgebet für die Rettung sprachen, erkannten sie Nikolaus. Er war der Mann, der ihnen geholfen hatte. Deswegen sind auch in vielen Hafenstädten die Kirchen nach Nikolaus benannt. Und mein Großvater, als Seemannssohn, erhielt diesen Namen.

Mein Großvater wurde übrigens nicht mehr Seefahrer. Er lernte Landwirt wie es seinem Nachnamen entsprach. Doch am Nikolaustag wie auch an Weihnachten gedachte er der Seeleute auf hoher See und betete für ihre heile Rückkehr. Das bedeutet für mich heute Nikolaus: Gebet für Menschen auf abenteuerlichen Reisen, sei es zu Lande, zu Luft oder zu Wasser. An sie will ich heute besonders denken.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

05.09.2019
Dirck Ackermann