Slogans und vergiftetes Klima

Wort zum Tage
Slogans und vergiftetes Klima
31.08.2017 - 06:20
30.08.2017
Diederich Lüken

Viele kennen Murphys Gesetz: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ In seinem Gefolge versuchen viele Autoren, Murphys Gesetz auf andere Gebiete zu übertragen; so formulierte der amerikanische Schriftsteller Arthur Bloch eine Fülle von Varianten. Unter anderem schreibt er: „Ein guter Slogan kann jegliches Denken fünfzig Jahre lang aufhalten.“

 

Der Slogan, mit dem Donald Trump seine Wahl gewann, lautete schlicht und ergreifend: „America first“, Amerika zuerst. Diese beiden Wörter genügten neben dem Einsatz von horrenden Dollarsummen für die Verbreitung seiner Botschaft und brachten viele dazu, das Denken an der Wahlurne einzustellen und nur noch dem Slogan zu gehorchen.

 

Doch wäre es fatal und einseitig, nur Amerikanern solches zu unterstellen; auch unser Land kennt Slogans, die das Denken beeinträchtigen. Sie schlagen sich nieder in den Unworten des Jahres, die von der Jury „Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres“ ausgewählt werden. „Volksverräter“ ist das Unwort des Jahres 2016. Der Slogan will nunmehr fast 70 Jahre intensiven Nachdenkens und demokratisch verantworteten politischen Handelns ad absurdum führen. Wer ihn verwendet, braucht über die Errungenschaften demokratischer Regierungsformen nicht mehr nachzudenken. Diejenigen, die politisch anders handeln, als man selbst tun würde, werden einfach als Volksverräter denunziert. Dass damit Menschen gemeint sind, die ihre Entscheidungen oft unter großen persönlichen Opfern und nach kräftezehrenden Debatten fällen, wird dabei geleugnet. Es zählt nur noch das eigene Interesse, schlimmer noch: es zählen nur die eigenen Vorurteile und die eigenen emotionalen Befindlichkeiten.

 

Wenn jemand die sogenannten Volksverräter durch sachliche Berichterstattung zu rehabilitieren sucht, taucht plötzliche in anderer Slogan auf: „Lügenpresse“; als ob alle Zeitungen und Rundfunksender bewusst Lügen über die Volksvertreter verbreiten würden. Ich folgere daraus: Ein Slogan ist dann ein guter Slogan, wenn er sich gegen alle diejenigen wendet, die eine andere Meinung vertreten als die eigene. Man unterstellt böse Absichten und böses Handeln, ohne es je beweisen zu können oder auch nur zu müssen.

 

Im Gegensatz zu diesen Slogans steht das biblische Gebot: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten“. Darin ist das gedankenlose Nachplappern diffamierender Slogans mitgemeint. Jesus verschärft das Gebot noch, indem er empfiehlt, zuerst nach dem Balken im eigenen Auge zu schauen, bevor man den Splitter im Auge des anderen sieht – ein bemerkenswerter Vorschlag in einer Zeit, in der  Slogans und Unwörter das Klima in Deutschland vergiften zunehmend vergiften.

30.08.2017
Diederich Lüken