Warten können

Wort zum Tage
Warten können
02.12.2019 - 06:20
05.09.2019
Dirck Ackermann
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Das war ein abenteuerlicher Tag und ein langer, viel länger als geplant.

Februar 2019. Wir sind in Simbabwe unterwegs. Südliches Afrika. Es ist Sommer. Morgens früh brechen wir auf mit zwei Autos. Von Bulawayo in Richtung Süden. Zunächst führt der Weg über ausgebaute Straßen. Die Sonne geht auf und taucht das weite Steppenland in ein geheimnisvolles Licht. Stunden vergehen. Die Straßen werden enger und unbequemer. Wir fahren, genauer gesagt rumpeln durch den Matobo National Park. Eine Landschaft mit sattem Grün und surrealen Gesteinsformationen: Als ob Riesen Felsen aufeinandergestapelt hätten. Hier ist gut sein, denke ich. Gleichzeitig bedrückt mich die Enge im Auto, die Hitze und das ständige Gerumpel.

Dann verstörende Geschichten der Vergangenheit, die uns während der Fahrt erzählt werden: Geschichten von Gewalt und Tod. Doch meine Gastgeber aus Simbabwe erzählen auch davon, wie Versöhnung möglich ist. Endlich kommen wir an. Die erste Etappe hat doppelt so lange gedauert wie geplant. Mehr als drei Stunden Verspätung. Doch die Menschen, die uns erwarten, sind nicht genervt. Sie haben geduldig gewartet und waren sicher, wir kommen. Ein freundlicher Empfang mitten im Busch. Es ist Mittag. Die Sonne brennt auf uns herab. Wir suchen Schatten unter einem Baum. In Sichtweite kochen Frauen auf dem Lagerfeuer schon für den Abend. Die Menschen erzählen uns, wie sie es nach Jahren der Gewalt geschafft haben, wieder Wege aufeinander zu zu finden. Friedensecken nennen sie das. Ecken des Friedens nach Jahren oder Jahrzehnten von Gewalt. Man braucht viel Geduld dazu. Das höre ich und das spüre ich.

Doch der Tag ist noch nicht zu Ende. Wir haben noch einen weiteren Besuch vor uns. Es fängt zu regnen an und die Wege werden zu schlammigen Pisten. Wir kommen nur mühsam voran. Es wird abenteuerlicher. Und: In zwei Stunden geht die Sonne unter. Mehrfach überlegen wir, die Fahrt abzubrechen. Aber unsere Mitfahrer sagen: Die Menschen warten auf uns. Endlich kommen wir an. Bis in den Abend hinein haben sie dort gewartet, um uns von ihrer Versöhnungsarbeit zu erzählen.

Nach einer Stunde brechen wir wieder auf. Es ist nun ganz dunkel geworden. Die Rückfahrt wird eine wahre Geduldsprobe. Fahrten durch steigende Flüsse und schlammigen Untergrund. Nach Mitternacht kehren wir wieder zurück nach Bulawayo.

Erschöpft sinke ich in mein Bett. Und vor dem Einschlafen der Gedanke: Geduld hat Kraft. Manchmal muss man warten auf das Kommen des Gastes. Aber dieses Warten wird nicht vergeblich sein. Das ist für mich Advent.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

05.09.2019
Dirck Ackermann