Womit habe ich das verdient?

Wort zum Tage
Womit habe ich das verdient?
08.06.2018 - 06:20
07.03.2018
Diederich Lüken
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Womit habe ich das verdient? Diese Frage hört man immer wieder, wenn einem Menschen Übles widerfährt, sei es in der Familie, im Betrieb oder bei seiner Gesundheit. Wesentlich seltener wird diese Frage gestellt, wenn einem Menschen Gutes widerfährt. Das wird zumeist als selbstverständlich hingenommen, kaum einmal verschwendet man einen Gedanken daran. Aber wenn die Dinge nicht mehr rund laufen und man an seine Grenzen stößt, empfinden viele Menschen das als ungerecht und fragen sich und andere: Womit habe ich das verdient? Dahinter steckt die Auffassung, dass ein gutes Leben auch ein gutes Ergehen zur Folge haben muss. Wer sich ehrlich durchs Leben schlägt, jedenfalls im Wesentlichen, wer sich liebevoll zu seinen Mitmenschen verhält, wenigstens meistens, wer immer wieder mal Gutes tut, sagen wir, eine Spende überweist, wer also nach eigener Meinung ein ganz guter Mensch ist, der hat es doch verdient, dass es ihm auch ganz gut geht. Schon in der Bibel wird diese Auffassung oft vertreten. In einem Psalm heißt es: „Ich bin jung gewesen und alt geworden und habe noch nie den Gerechten verlassen gesehen und seine Kinder um Brot betteln“ (Psalm 37,25). Und dann geschehen Dinge, die man damit einfach nicht zusammenbringt, weil sie der Qualität des eigenen Lebensvollzugs so gar nicht entsprechen. Andererseits erfährt man von Menschen, die nun alles andere als spendenfreudig, liebevoll und ehrlich zu sein scheinen, dass es ihnen offensichtlich an nichts fehlt und sie unbeschwert und heiter ihr Leben meistern, unterstützt von einem weichen finanziellen Polster. Neidisch könnte man werden, wenn man es nicht schon wäre. Hat die Bibel nicht sehr unrecht mit dem Zusammenhang zwischen dem Tun eines Menschen und seinem Ergehen? Allerdings gibt es hier eine innerbiblische Entwicklung. Der Prediger Salomo zum Beispiel kommt zu einer völlig anderen Aussage. Er schreibt: „Da ist ein Gerechter, der geht zugrunde in seiner Gerechtigkeit, und da ist ein Gottloser, der lebt lange in seiner Bosheit“ (Prediger 7, 15). Und an andrer Stelle bemerkt er: „Das ist das Unglück bei allem, was unter der Sonne geschieht, dass es dem einen geht wie dem andern“ (Prediger 9,3). Damit wird das Lebensgefühl vieler Menschen präzise getroffen. Und das ist eine Erleichterung, finde ich. Ich muss nicht mehr forschen, was ich denn Böses angestellt habe, wenn mir Böses widerfährt. Ich kann einfach konstatieren: Es ist, wie es ist. Das schlechte Gewissen ist überflüssig. Deshalb kann ich leichten Herzens der Empfehlung des Prediger Salomo folgen, wenn er als Fazit seiner Überlegungen den Ratschlag erteilt: „So geh hin und iss dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut; denn dein Tun hat Gott schon längst gefallen.“ (Prediger 9,7)

07.03.2018
Diederich Lüken