Der Weisheit Anfang

Wort zum Tage
Der Weisheit Anfang
15.08.2020 - 06:20
06.08.2020
Diederich Lüken
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„Vieles Gewaltige lebt, doch nichts ist gewaltiger als der Mensch.“ Dieser Spruch stammt von dem antiken Tragödiendichter Sophokles. Er hat zweifellos recht. Der Mensch in seiner Weisheit hat den Zustand der Erde nachhaltig verändert. Er baut Gebäude, die bis in den Himmel zu ragen scheinen. Er überzieht die Erde mit einem Wegenetz, das auch noch den entferntesten Winkel erreichbar macht. Er kann zum Mond fliegen und Sonden zum Mars schicken. Krankheiten, an denen man früher starb, sind oft nur noch Routinefälle. Der Mensch in seiner Macht scheint alles in den Griff zu bekommen, was er nur will. Doch gibt es Bereiche, in denen ihm die Weisheit fehlt. Derselbe Mensch, der sich in seiner Weisheit die Erde untertan gemacht hat, ist dabei, sie zu zerstören. Derselbe Mensch, der seine Raketen bis weit in den Weltraum zu schießen versteht, ist nicht in der Lage, auf die Raketen zu verzichten, die mit Atomköpfen ausgestattet sind. Derselbe Mensch, der die Erträge seiner Erde ungeheuerlich gesteigert hat, ist nicht in der Lage, sie so zu teilen, dass niemand mehr Hunger leiden muss. Derselbe Mensch, der so stolz ist auf seine Weisheit, kann nicht verhindern, dass sinnlose, mörderische Kriege geführt werden. Seine Weisheit macht den Menschen scheinbar unüberwindbar; doch ist sie unfähig, das abzuwenden, was ihn bedroht und zerstören kann. Deshalb heißt im biblischen Buch der Sprüche: „Der Weisheit Anfang ist die Furcht des Herrn“ (Sprüche 9.10). Das steht nun quer zu allen Versuchen, mit der Weisheit selbst die Größe des Menschen zu erweisen und zu erweitern. Der Spruch ist eine Zumutung, weil er die menschliche Autonomie eingrenzt und relativiert: Weisheit ist nur dann wirklich weise, wenn sie verankert ist im Glauben an Gott. Gottesfurcht ist die Grundlage der menschlichen Weisheit, sagt das Buch der Sprüche. Das begrenzt die Weisheit entschieden und gibt ihr gleichzeitig einen neuen Wirkungskreis. Ausgeschlossen ist damit eine Weisheit, die keine ist, weil sie das von Gott Geschaffene und Geliebte zerstört und den Mitmenschen in seiner Not alleinlässt. Die „Weisheit in der Furcht des Herrn“ führt dahin, nach Wegen zu suchen, die dem Willen Gottes entsprechen: Wege in einen Frieden, der Kriege beendet. Wege in eine Fülle, die auch die Ärmsten nicht hungern und dürsten lässt. Wege in eine Zukunft, in der der Planet Erde nicht mehr geplündert wird. Würde das gelingen, wäre der Mensch noch gewaltiger. Er würde zu einem guten Mitarbeiter Gottes.

 

Es gilt das gesprochene Wort!

06.08.2020
Diederich Lüken