Aufstand der Kinder

Aufstand der Kinder
Wenn der Nachwuchs rebelliert
02.02.2019 - 23:50
02.01.2019
Christian Rommert

Aufstand der Kinder“

Vor ein paar Tagen fragte mich mein Sohn etwas, mit dem ich nichts anfangen konnte: „Papa, ist unsere Generation wirklich dümmer als andere Generationen?“ Erst dachte ich, der macht einen Witz. Aber ihn schien das wirklich zu beschäftigen. „Was ist los?“, wollte ich von ihm wissen. „Unsere Lehrer sagen das manchmal! Wir wären dumm.“ Ich wollte wissen, warum. „Weil wir Beethoven nicht von Brecht unterscheiden können ... und so... Du sagst das übrigens auch manchmal.“ Ich? Was sag ich? „Naja, dein Spruch ist: Und diese Generation soll mal meine Rente verdienen...“ Hab ich tatsächlich gesagt: Vor ein paar Tagen. Bravo, Herr Pastor!

Dann legte mein Sohn nach: „Irgendwie scheint es, als säßen wir auf einem ganz schönen Pulverfass“ – das war es, was meinem Sohn Sorgen machte. Und dann hielt er mir eine kleine, verzweifelte Predigt: „Anstatt für uns Vorbilder zu sein und etwas zu bewegen, oder anstatt uns wenigstens Mut zu machen, sagt Ihr uns: Ihr seid dumm! Ihr schafft es eh nicht! Das ist nicht ermutigend für die nächste Generation. Die später mal Euren Dreck wegräumen muss. Die meisten Probleme werden wir wegen Eurer Entscheidungen haben!“

Anfang des letzten Jahrhunderts hat der Mönch Teilhard de Chardin etwas gesagt, an das musste ich in dem Moment denken: „Die Zukunft liegt in den Händen jener, die der kommenden Generation triftige Gründe dafür geben zu leben und zu hoffen!“ Es ist meine Aufgabe, meinem Sohn triftige Gründe zu geben - zu leben und zu hoffen. Erst dachte ich: Tue ich das nicht? Erziehung, Schule, ein gutes Zuhause. Habe ich nicht alles dafür getan, dass meine Kinder alle Chancen haben?

Ein paar Tage danach: die nächste Standpauke. Wieder war es ein junger Mensch: Greta Thunberg, ein Mädchen aus Schweden, gerade mal 16 Jahre alt. In Davos - vor den Wirtschaftseliten dieser Welt, vor mächtigen Politikerinnen und Politikern sagte sie: „Erwachsene sagen immer wieder: Wir sind es den jungen Leuten schuldig, ihnen Hoffnung zu geben. Aber ich will eure Hoffnung nicht. Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre. Ich will, dass ihr handelt, als wenn euer Haus brennt, denn das tut es!“ Eine so gute Predigt habe ich lange nicht mehr gehört, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Zwei Mal in kurzer Zeit wurde mir die Frage gestellt, ob ich als Vater, als Älterer, richtig handle. Von Greta. Von meinem Sohn. Aber wie soll ich darauf richtig reagieren?

Hätte ich nicht meinem Sohn eigentlich sagen müssen: „Weißt Du, wer die wirklich Dummen sind? Das sind wir Eltern, die Euch eine Welt am Abgrund hinterlassen und die Euch damit alleine lassen! Das sind wir, die anstatt Euch zu ermutigen, Euch sagen, ihr wärt dumm. Das sind wir, Eltern und Ältere, die sich die Probleme kleinreden: Tempolimit??? Um Himmels willen, das zerstört ein deutsches Kulturgut!

Kohleausstieg? Überfordert uns! Weniger fliegen? Ein bisschen Urlaub wird doch wohl drin sein!“ Wir bestimmen das Schicksal unserer Kinder, indem wir die kostbare Schöpfung ausbeuten, statt sie zu pflegen. Wir nehmen uns von ihr jetzt alles, ohne genügend an die Zukunft und an unsere Kinder zu denken. Mein Sohn und Greta, beide haben Recht: wir sind jetzt gefordert, unsere Bequemlichkeit aufzugeben - die Schöpfung zu bewahren, damit sie Heimat für unsere Kinder bleiben kann!

 

02.01.2019
Christian Rommert