Ich wollte doch nur Dein Bestes!

Ich wollte doch nur Dein Bestes!
mit Pfarrerin Stefanie Schardien
30.04.2022 - 23:50
04.03.2022
Annette Behnken

Er meint´s gut, sagt er. Wie schon so viele vor ihm. Kennen wir, oder? So Sätze wie: ich hab es ja nur gut gemeint, oder: Ich wollte doch nur das Beste. Nein, gutgemeint – muss nicht gut für jede und jeden bedeuten. Hinter meinen gut gemeinten Ideen verbergen sich schließlich auch oft meine sehr eigenen Interessen und Wünsche. 

Nun meint es in diesen Tagen also Elon Musk gut, sagt er. Der reichste Mann der Welt startet ein Rettungsprogramm für – wie er sagt - die Meinungsfreiheit. Und kauft dazu erstmal ein ganzes soziales Netzwerk. Wo jeder und jede alles sagen darf. Absolute Meinungsfreiheit. Das ist doch mal eine gute Idee…

Auf den ersten Blick zumindest: Keine Zensur. Keine Maulkörbe. Keine unterdrückten Meinungen. Freiheit.

Eins blendet er dabei allerdings aus: Die dunkle Seite. Die dunkle Seite, die in allen Menschen steckt. Böses, Hochmütiges, Egoistisches, Ungerechtes. Sünde heißt das bei mir als Pfarrerin. Die gibt es in jedem von uns. Manchmal ist uns das selbst bewusst. Und manchmal erleben wir erst später, wo wir andere verletzt, wo wir Schaden angerichtet haben. Auch wenn wir es gut gemeint haben. Die Sünde sucht sich immer wieder ihre Wege in unser Leben. Ob wir wollen oder nicht. Und wenn wir diese dunkle Seite ausblenden….

…dann wird es gefährlich.

Nein, wahrscheinlich glaubt Musk selbst auch nicht wirklich an ein romantisches Ideal vom guten Menschen, der sich im Netz dann alles verkneift an Hassreden oder Aufrufen zur Gewalt. Wovon er offensichtlich aber ziemlich optimistisch ausgeht: Dass sich in so einer totalen Meinungsfreiheit schon alles von selbst regeln wird: Wenn jeder an seine eigene Freiheit denkt, ist doch an alle gedacht. Je mehr persönliche Freiheit, desto besser. Dann wird sich das Gute schon durchsetzen. Irgendwie.

Ich würde das ja furchtbar gerne glauben.

Die Erfahrungen sprechen dagegen: Hasskommentare, Aufrufe zur Gewalt gegen Andersgläubige, Andersdenkende, Andersaussehende, Diffamierungen, Angriffe unter der Gürtellinie, Beleidigungen, Häme, in manchen Ländern Dauerpropaganda und Lügen. Immer wieder werden die niedergemacht, die sich nicht wehren können. Pausenlos. In all dem wird die Freiheit von anderen mit Füßen getreten. Und ja: Auch die Meinungsfreiheit. Derer, die nicht mehr wagen, ihre Meinung bei so viel Hass und Wut zu sagen.

All diese Erfahrungen lehren das, was eigentlich eine uralte Einsicht ist: Freiheit muss geschützt werden – durch Regeln und Gesetze. Damit sich das Gute überhaupt auch durchsetzen kann und die dunkle Seite im Zaum gehalten wird. In der Bibel sind das die Gebote. Spielregeln für die Freiheit – und das Wichtige an ihnen: Sie orientieren sich vor allem an den schwächeren Menschen der Gemeinschaft, an den Leisen, an den ganz Jungen und ganz Alten, vor allem an denen ohne Macht und Milliarden. Weil alle die am ehesten darunter leiden, dass sich nicht einfach immer das Gute durchsetzt.

Also: Verlangen wir immer wieder, im Leben und im Netz: Freiheit! Und: Spielregeln für die Freiheit. Das bleibt eine richtig gute Idee, auch auf den zweiten Blick.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Nacht.

04.03.2022
Annette Behnken