Die Botschaft des Frühlings

Die Botschaft des Frühlings
Pfarrer i.R. Alfred Buß
28.04.2018 - 23:25
12.01.2018
Alfred Buß

Die Botschaft des Frühlings

Jetzt zwitschern die Vögel wieder ihr Frühlingskonzert – schon beim ersten Morgenlicht. Einstimmen möchte ich. Jedes Jahr aufs Neue.

Seht die Vögel unter dem Himmel an, schaut die Lilien auf dem Felde - sagte auch Jesus. Öffnet euch für Gottes Schöpfung mit ihrem Gesang. Und für eure Mitmenschen. Die Welt ist nicht des Teufels. Ich lebe und ihr sollt auch leben. Das ist die Erkennungsmelodie Christi. Stimmt in sie ein: Singt!

Gern singe ich mit.

Und verstumme doch bald wieder - ohne zu wissen, was mich am stärksten runterzieht. Der letzte Anschlag, elende Kriege, wegtauende Gletscher, Lug und Trug?

Und Jesus? Ist er nicht längst gescheitert? Verspottet, gekreuzigt, begraben.

Gibt es noch einen Grund zu singen? 

Und ob es den gibt!

Ausgerechnet Vögel haben ihn mir aufgetan.

Wie das?

Ich kam nach Hause – keiner war da. Doch im Garten hörte ich unseren vertrauten Familien-Pfiff, fünf Töne, mit denen wir uns gegenseitig orten. Aber da war keiner. Wieder der Pfiff. Und wieder kein Absender. Irritiert war ich.

Später löste meine Frau das Rätsel: Waltraud, sagte sie, unsere Nachbarin, hat jetzt einen Beo. Der hat unseren Pfiff übernommen.

Bald gehörte der Pfiff zum guten Garten-Ton. Aber irgendwann blieb der aus. Der Beo sei leider verendet, sagte Waltraud.

Unglaublich, aber wahr: Der Pfiff kam wieder. Mal weit entfernt, dann wieder ganz nah. Woher er kam? Es brauchte Zeit, bis wir entdeckten: Eine Schwarzdrossel trällerte ihn durch ihr Revier. Sie hatte den Pfiff vom Beo abgelauscht.

Was diese Vögel uns da pfiffen, ist wie ein Gleichnis auf das Leben Jesu.

Am Kreuz schien er am Ende zu sein.

Doch dann am Ostermorgen - unglaublich, aber wahr – erklang seine Erkennungsmelodie neu: Ich lebe und ihr sollt auch leben!

Seitdem wird diese Melodie gesungen durch die Generationen und Zeiten bis an die Enden der Erde. Nicht um die Welt und ihre Probleme vergessen zu machen. Im Gegenteil: Singen, um Kraft und Hoffnung zu schöpfen. Wie die versklavten Schwarzen in ihren Spirituals. Im Leiden Christi erkannten sie ihre Leiden wieder und schöpften Hoffnung aus seiner Auferstehung. We shall overcome some day.

Das ist Singen im Zeichen des Kreuzes, dem Sinnbild für Gottes Gegenwart im Elend der Welt.

Wenn es in Bayern jetzt Pflicht werden soll, Kreuze in Amtsstuben zu hängen, tut Erinnerung not: Gottes Siege werden unten, ganz unten errungen, nicht in der Höhenluft von Macht und Einfluss. Christi Kreuz symbolisiert das schiere Gegenteil von Gesten der Dominanz und des Mia san mia. In diesem Zeichen gilt es, Frieden zu stiften unter Widersachern, zu trösten, die da Leid tragen, und satt zu machen, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit.

Ja, Glaube ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist.

12.01.2018
Alfred Buß