Liebe ist....

Liebe ist....
mit Pfarrerin Annette Behnken
15.02.2020 - 23:50
08.01.2020
Annette Behnken

Das Wort zum Sonntag

Das Erste am Samstag, 15.02.2020, 23:50 Uhr

Annette Behnken, Loccum

Ein Haus der Liebe, direkt im Zentrum der Stadt. Nur Frauen leben in diesem house of love und jede lebt für die Liebe. Ich war da jetzt eine Woche lang und hab sozusagen täglich Liebe in Hochfrequenz erlebt. Und es hat mich total gepackt. Weil das, worum es da geht eine ganz eigene Kategorie von Liebe ist.

Gestern war ja nun Valentinstag. Ob´s ihn nun wirklich gegeben hat oder er eine Erfindung ist, der Valentin, der Schutzpatron der Liebenden - was wir am Valentinstag so an Rosen und Geschenken hin- und herbewegen, zeigt ja nur, wieviel es uns bedeutet, zu lieben und geliebt zu werden.

Stark wie der Tod ist die Liebe, sagt die Bibel. Im house of love konnte ich erleben, dass es eine Liebe gibt, die so eine Wucht hat, dass es das ganze Leben auf den Kopf stellt.

Dieses house of love ist ein Kloster. Die Frauen: Ordensschwestern. Und viele von ihnen haben genau das erlebt: dass sie ergriffen wurden. Von einer Liebe, die ihnen so durch Leib und Seele fährt, eine so unbedingte Liebe zum Leben, zu den Menschen und zu dem, den sie Gott nennen. Und die Sehnsucht, ihr ganzes Leben aus dieser Liebe zu leben oder in ihr, die hat sie ins Kloster geführt. Um sich ganz und gar auf diese Liebe konzentrieren zu können. Ein sehr einfaches Leben zu dem auch die Ehelosigkeit gehört. Die etwas sehr Kraftvolles und Konzentriertes sein kann. Und etwas grundlegend anderes ist, als ein vorgeschriebener Zölibat, der schon so viel Unheil angerichtet hat - aber das ist ein eigenes Thema.

Im Kloster gibt es einen Raum, in dem kann man die Liebe förmlich mit Händen greifen. Da stehen ein paar Tische, Stühle, ein Sofa, es gibt immer Kaffee und belegte Brote, mittags was Warmes zu essen für wenig Geld. Jede und jeder darf kommen. Und wer kommt? Im Kloster sagen sie: Menschen, die vom Leben verletzt wurden. Bei denen irgendwann alles mögliche aus dem Ruder gelaufen ist: Liebe. Arbeit. Familie. Geld. Drogen. Wenn ich mit den Besuchern spreche wird mir sehr schnell klar, wie rasant das gehen kann, dass alles weg ist, was Halt und Wärme gibt.

Dieser Raum ist für manche sowas, wie ihr zweites Zuhause. Für viele das einzige. Immer n heisser Kaffee auf dem Tisch und – das wichtigste: Menschen, die auf einen warten. Wie Jeanne, die das alles hier aufgebaut hat. Jeanne begrüßt jede und jeden mit Namen, es fällt ihr auf, wenn jemand mal nicht kommt. Sie hört zu, nimmt Anteil, verurteilt niemanden. Wenn jemand Mist gebaut hat, sagt sie das auch so, aber der Mensch selbst wird nie verurteilt. Hier kann man sein, mit all seinem Glanz und all seinem Elend. Mancher kriegt hier wieder Boden unter die Füße. Viele nicht. Aber das lässt sich hier ein kleines bisschen besser ertragen.

Es ist eine ganz eigene Kategorie von Liebe, die ich hier erlebe. Die Ordensschwestern nennen sie: Barmherzigkeit. Ein grundsätzlich zärtlicher Blick auf jeden Menschen, der jeden so wie er ist, mit Achtung betrachtet. Mir geht da auch die Seele auf und tut das unglaublich gut, so angesehen zu werden, mit barmherzigen Augen. Die Kraft dazu und die Befähigung, sagen Jeanne und die Ordensschwestern, erhalten sie im Gebet und dem Wissen, dass sie selbst genauso angeschaut werden, von dem, den sie Gott nennen. Die Liebe ist stark, wie der Tod, sagt die Bibel. Sie macht nicht immer alles wieder heile. Aber sie ist so radikal zärtlich, dass es das Leben vollkommen auf den Kopf stellen kann.

 

08.01.2020
Annette Behnken