Schwach. Aber großartig!

Schwach. Aber großartig!
Pfarrer Gereon Alter
06.01.2018 - 23:45

Da hat sich die katholische Kirche mal wieder selbst ein Bein gestellt. Sie erinnern sich? Es war kurz nach Weihnachten. Da hat die Sendergruppe ProSiebenSat.1 einen Werbespot für ihre Talentshow „The Voice Kids“ geschaltet. Zu sehen waren drei Sternsinger, die vor einer Haustür stehen und ihr Segenslied …nunja, ziemlich schief daher singen. Und dann die Werbebotschaft: „Die schönsten Kinderstimmen gibt’s leider erst im Februar!“

 

Ich fand diesen Werbespot witzig! Aber das sah nicht jeder so in meiner Kirche. „Das ist unsäglich, das muss abgesetzt werden! Denn es diffamiert auf unerträgliche Weise das wichtige und notwendige Tun der Sternsinger. Verantwortungslos und beschämend ist das.“ So und so ähnlich war es zu hören. Der Werbespot wurde daraufhin tatsächlich abgesetzt.

 

Nun, wir sind in Teilen unserer Kirche gut darin geübt, die beleidigte Leberwurst zu spielen: schon wieder geht man respektlos mit uns um, schon wieder will man uns nicht verstehen! … um dann mit der uns noch verbliebenen Macht dafür zu sorgen, dass etwas eingestellt oder verboten wird. – Kann man so machen. Ist aber meines Erachtens kein guter Weg.

 

Sehen wir’s doch einmal so: Die Sternsingeraktion ist eine Marke. Eine, die in Deutschland so gut wie jeder kennt. Sie ist ein Aushängeschild der katholischen Kirche. Mit kaum etwas (außer der Caritas) stehen wir so gut in der Öffentlichkeit da, wie mit den über 300.000 Kindern und Jugendlichen, die sich Jahr für Jahr als Sternsinger engagieren. Kein Wunder, dass auch die Werbebranche aufmerksam wird. Es ist einfach gut, was wir da machen!

 

Außerdem stellt der Werbespot etwas durchaus Richtiges dar. Es geht nämlich bei der Sternsingeraktion anders als bei den „Voice Kids“ tatsächlich nicht darum, der beste Sänger oder die beste Sängerin zu sein. Es geht auch nicht darum sich gegen andere durchzusetzen. Es geht darum, etwas gemeinsam zu tun – für andere. In diesem Jahr sammeln die Sternsinger Geld für Kinder, die nicht zur Schule gehen können, weil sie arbeiten müssen. Großartig! Die meisten, die das live vor ihrer Haustür erleben, begreifen das sofort. Auch wenn sie vielleicht erst einmal schmunzeln müssen.

 

Wenn der Werbespot die falschen Töne in den Vordergrund rückt, dann kann man sich darüber ärgern. Man kann es aber auch mit einem Schmunzeln nehmen. Oder man kann sich gar darüber freuen, dass das Christentum hier endlich einmal so rüber kommt, wie es eigentlich ist. Nämlich nicht als Religion der Macher und Könner, sondern als Gemeinschaft derer, die sich für andere einsetzen und denen dabei auch mal etwas nicht gelingt.

 

„Aus dem Mund der Kinder und der Unmündigen schaffst du dir Lob.“ heißt es schon im Buch der Psalmen (Ps 8,3). „Das Schwache in der Welt hat Gott erwählt“, sagt der Apostel Paulus, „um das scheinbar Starke zu entlarven“ (1 Kor 1,27). – Also berufen wir Christen uns doch nicht auf unseren Einfluss und unsere Macht. Und erheben wir nicht allzu schnell den moralischen Zeigefinger. Sondern zeigen wir uns einfach so, wie wir sind. Auch mit unseren Fehlern und Schwächen. Das nehmen uns die Menschen ab. Möglicherweise entdecken sie sogar, dass sich hinter einem bescheidenen Auftritt etwas ganz Großartiges verbergen kann.

 

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag