Das neue Jahrbuch Fernsehen 2021

Arte-Präsident Bruno Patino: weitreichender Wandel vom „klassischen Fernsehsender zur europäischen Marke“

Jahrbuch Fernsehen

28.12.2021

Essay im neuen „Jahrbuch Fernsehen“/ Die 30. Ausgabe des Standardwerks als letzte Druckausgabe/ Weitere Beiträge von Nils Minkmar, Anja Rützel, Torsten Körner, Jenni Zylka und Wolfgang Michal

Bruno Patino, seit  letztem Jahr Präsident von „Arte“, sieht sein Haus in einem „weitreichenden Wandel vom klassischen Fernsehsender zur europäischen Marke“. In einem Essay für das gerade erschienene „Jahrbuch Fernsehen“ (2021) schreibt der gelernte Journalist (u.a. „Le Monde“), die neuen digitalen Verbreitungswege, „in Kombination mit den Möglichkeiten der Untertitelung, hätten Arte „die Türen nach Europa geöffnet“  und viel Raum für neue Projekte geboten. So sollen neue Kooperationen gesucht und das Partner-Netzwerk aus bisher neun öffentlich rechtlichen Anstalten verstärkt werden. „Lokale Werke können zu weltweiten Erfolgen werden“, so Patino. Zudem habe sich die Bedeutung des Senders vor allem in der Corona-Pandemie gezeigt, weil Arte in dieser Zeit „Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt eine Bühne geboten“ habe.

Seit 1991 gehört das „Jahrbuch Fernsehen“ zu den Konstanten des TV-Jahres. Die 30. Ausgabe präsentiert zum Jubiläum eine Tour d’Horizon über Zustand und Zustände in einem Massenmedium, das sich in den vergangenen 30 Jahren mehrfach gehäutet und auch selbst überholt hat.

In seinem Essay „Blasser dünner Junge, Zweites Dickes Fernsehen“ analysiert der TV-Kritiker, Autor und Regisseur Torsten Körner die Fernsehkarriere von Jan Böhmermann.

Nils Minkmar erinnert sich in seinem Beitrag „Das deutsche Fernsehen, die Intellektuellen und ein linker Anarchist“ an seine frühe Zusammenarbeit mit Roger Willemsen und beschreibt den Prozess der Entintellektualisierung deutscher Fernsehprogramme.

Die Autorin und Kolumnistin Anja Rützel konstatiert in ihrer Betrachtung über den Umgang mit Liebe, Beziehungen und allzu Zwischenmenschlichem im Reality-TV, dass es so nicht mehr weiter geht und ruft: „Stop, in the name of Love“. Denn während die Gesellschaft längst weiter ist, verströmt das angebliche Alltagsfernsehen eine reaktionäre und sich in Genderklischees ergehende Verstocktheit.

In ihrem Essay „Wir glauben, was wir sehen“, analysiert die TV-Geheimagentin und Grimme-Jurorin Jenni Zylka neue Erzählformen der Streamer, in denen auch die Chance auf eine neue Weltsicht steckt.

In „Die Hofnarren des Medienbetriebs“ liest Wolfgang Michal der deutschen Medienkritik die Leviten und stellt nüchtern fest, dass sie sich zumeist an Nebensächlichkeiten abarbeite und an ihrer Bedeutung zweifle.

Das Jahrbuch Fernsehen war solchen Entwicklungen immer auf der Spur. Doch nun ist es selbst an einem absehbaren Wendepunkt angekommen, 2021 ist es zum letzten Mal in dieser Form erschienen. Gerade für ein Werk mit großem Service, Kontakte- und Adressteil ist die klassische Buchform nicht mehr optimal. Die Herausgeber und Redaktion sagen leise Servus und danken für die Unterstützung der Förderer über drei Jahrzehnte hinweg. Der Serviceteil des Jahrbuchs soll künftig, so weit es geht, in die Online-Datenbank des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik (IfM) integriert werden.

Das JAHRBUCH FERNSEHEN 2021 ist zum Preis von 34,90 Euro ab sofort erhältlich. Als eines der wenigen Foren für eine unabhängige Medienkritik in Deutschland bündelt es „die treffendsten Analysen mit den kreativsten Kritiken und zahllosen Hintergrundinformationen zum Genre“ (Spiegel) und ist mit seinem aufwändigen, mehr als 200 Seiten starken Service- und Adressenteil für die Medienbranche „unverzichtbarer Wegbegleiter durchs Jahr“ (NZZ).
 

Die Herausgeber – das Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik und die Medienkorrespondenz (Katholisches Medienhaus) – stehen für die journalistische Qualität und medienpolitische Unabhängigkeit der Publikation.

 

Dieter Anschlag/Claudia Cippitelli/Steffen Grimberg/Petra Müller (Hrsg.) - JAHRBUCH FERNSEHEN 2021, Köln 2021 - 420 Seiten, 34,90 Euro | ISBN: 978-3-00-067511-9 ISSN: 0949-9997