Mach meine Seele gesund

Gemeinfrei via unsplash/ Eduardo Cano Photo Co.

Morgenandacht

Deutschlandfunk

19.07.2022 - 06:35

11.06.2022

Heidrun Dörken

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Die Sendung zum Nachlesen:

Mach meine Seele gesund! Das ist ein Gebet, frei nach der biblischen Geschichte von einem römischen Soldaten in Kapernaum. Der hatte Jesus von Nazareth vertraut, seinen Mitarbeiter gesund und heil zu machen. (1)

Mach meine Seele gesund ist eine Bitte von religiösen Menschen an Gott. Und auch ein großer Wunsch von Gläubigen und Nicht-Gläubigen heute. Ein lauter oder stummer Ruf. Gut, wenn er Menschen erreicht, die helfen können: Psychologinnen, Psychiater, Seelsorgerinnen. Auch gerichtet an Politik und Gesellschaft. Damit das Arbeitsleben, die Schule, die Familie und andere Orte so gelebt und gestaltet werden, dass sie seelische Gesundheit fördern.

Es ist ein drängendes Thema. Mehr als jede vierte Person in Deutschland ist von psychischen Erkrankungen betroffen, auch Kinder und Jugendliche. (2) Immerhin sprechen dank Aufklärung inzwischen mehr darüber. Es soll kein Tabu mehr sein, z.B. für eine depressive Erkrankung Hilfe zu holen. Seelische Krankheiten sind genauso ernst zu nehmen wie körperliche Leiden. (3)

Mich hat überrascht, dass ausgerechnet einige Spitzensportler sich dafür engagieren. Denn beim Sport steht auf den ersten Blick die Höchstleistung des Körpers im Mittelpunkt, wie in dieser Woche bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft (4). Doch inzwischen nehmen gerade viele Athleten die seelische Gesundheit wichtig. Eine Sportlerin und ein Sportler stehen für mich exemplarisch dafür. Die wohl berühmteste Turnerin der Welt, die US-Amerikanerin Simone Biles, hat letztes Jahr bei Olympia (5) die Teilnahme an einem Wettkampf abgesagt (6), weil sie psychische Probleme hatte. Sie ist damit zum Vorbild geworden für viele Menschen, die sich bisher noch nicht trauten, Schwächen zuzugeben. Vor allem bei der Arbeit. Sich schämten, nicht durchzuhalten. Die Botschaft der Turnerin ist: Nimm dich an, wenn Du nicht mehr kannst. Halte inne. Sortiere dich neu. Versuche es später oder anders wieder.

Der deutsche Sven Hannawald setzt sich schon lange für seelische Gesundheit ein. Als einer von nur drei Ski-Springern aller Zeiten hatte er alle Stationen der Vierschanzen-Tournee gewonnen (7) und war Olympia-Sieger. Bodyguards mussten ihn wie einen Popstar vor kreischenden Fans schützen. Und plötzlich ging nichts mehr. Lange, quälende Monate, bis klar war: Burn-out-Syndrom. Körperliche und seelische Erschöpfung, von der man sich ohne Hilfe von außen nicht erholt. Und auch nicht ohne Blick in die eigene Seele. Davon hat Sven Hannawald danach erzählt. Von dem Druck, den er sich selbst machte: „Ich habe nur für meinen Sport gelebt. Was habe ich eigentlich außer dem Skispringen? Eine Luftblase. Da war gar nichts drin, nur Leere" (8).

Nach seiner Genesung ist eine Mission von Sven Hannawald, zusammen mit anderen zu vermitteln (9): Leistung bringen kann wunderschön sein - und gewinnen auch. Aber schaut in euer Herz. Wartet nicht, bis nichts mehr geht. Achtet auf Warnsignale. Ich schädige mich seelisch und körperlich, wenn ich dauerhaft besessen bin vom Funktionieren. Wenn immer etwas anderes wichtiger ist, als mich mir selbst und anderen zuzuwenden.

Zum christlichen Glauben gehört die Überzeugung: Jede und jeder ist viel mehr und anderes als nur das, was sie oder er leistet. Nichts gegen tätiges Leben, gute Leistungen, Vorankommen. Aber nicht auf Kosten der Seele.

Es gibt Fragen, die mich auf die Spur bringen zur seelischen Gesundheit. Dazu gehören: Kann ich Freude empfinden und auch zufrieden sein? Mit anderen mitfühlen? Und mit mir selbst? Sehe ich einen Sinn im Leben? Mir hilft vor allem eine Frage des Jesus von Nazareth: Was nützt es dem Menschen, wenn der die ganze Welt gewinnt, aber Schaden nimmt an seiner Seele? (10)

Es gilt das gesprochene Wort.

Literaturangaben: