Hamstern

Morgenandacht
Hamstern
29.04.2020 - 06:35
30.01.2020
Thomas Dörken-Kucharz
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Vorratshaltung ist gut, Hamstern aber ist schlecht. Das scheint einleuchtend und vernünftig. Nur wo ist die Grenze? Deutschlandweit hat ja das Hamstern von und dann die Jagd nach Toilettenpapier tragikomische Berühmtheit erlangt.

Und wenn ich ehrlich bin: Auf der Suche nach Toilettenpapier habe ich viel mehr Läden betreten, als eigentlich durch das Coronavirus geboten war. Dabei hatte ich noch ein paar Rollen zuhause, aber allein die Möglichkeit, dass es ausgehen könnte, ließ mich manchen Laden zusätzlich aufsuchen. Meist ohne Erfolg. Mir ging es eben auch nicht anders als den anderen.

Kein Wunder, denn Vorratshaltung ist ein Menschheitsthema. Vielleicht nicht beim Toilettenpapier, aber im Kern ist es eine Frage des Überlebens der Menschen. Man muss über den Winter kommen in den nördlichen Breitengraden. Und dort ist kaum eine Menschheitsleistung größer als die, es durch Einlagern und Pökeln geschafft zu haben, den nächsten Frühling zu erleben. Und ohne Konserven und Tiefkühlketten würde heutzutage die gesamte urbane Gesellschaft mit ihrer Arbeitsteilung nicht funktionieren. Die Methoden des Haltbarmachens haben sich geändert, aber eigentlich ist heute nicht viel anders als früher. Und so sind auch schon in der Bibel Vorratshaltung und Hamstern wiederkehrende Themen.

Als in der Frühzeit Israels Joseph von seinen Brüdern als Sklave nach Ägypten verkauft wird, deutet er dort den Traum des Pharao von den sieben fetten und den sieben mageren Kühen. Die Kühe stehen für sieben fette und dann sieben magere Jahre. Joseph rät dem Pharao, die fetten Jahre zu nutzen, um Vorräte für die mageren Jahre anzulegen. So führt Joseph sinnvolle Vorratshaltung in Ägypten ein. Der Pharao kann Ernteschwankungen ausgleichen und Joseph wird zu seiner rechten Hand.

Als dann Jahrzehnte oder Jahrhunderte später das Volk Israel durch die Wüste auf dem Weg ins gelobte Land ist, ernährt Gott sein Volk durch Manna, durch Himmelsbrot, dass nachts herniederfällt und morgens eingesammelt werden kann. Manna aber lässt sich – im Gegensatz zum Korn Ägyptens - gerade nicht bevorraten. Es verdirbt, wenn man es aufbewahrt. So sollten die Israeliten lernen, ganz auf Gott zu vertrauen, der für sie sorgt.

Im neuen Testament wiederholt Jesus in gewisser Weise das Mannawunder, mit zwei Broten und fünf Fischen. Damit, so berichtet es die Bibel, werden Tausende satt. Die sogenannte Speisung der Fünftausend. Auch wenn man solche Wunder nicht so leicht wiederholen kann, sie zeigen: Vertrauen und Teilen sind besser als Panik und Hamstern, nicht nur in Krisen.

Hamstern ist dann ausdrücklich noch einmal Thema in Jesu Gleichnis vom reichen Kornbauern: „Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“ (Lk 12,16–21)

Also: Auch laut Bibel ist Vorratshaltung gut und in Ordnung, Hamstern hingegen nicht. Noch wichtiger aber wäre das Schätzesammeln im Himmel und reich sein bei Gott. Wie das geht? Hier und jetzt teilen und für Gerechtigkeit sorgen! Warum ist eigentlich das Hamstern von Lebensmitteln so verwerflich, das Hamstern von Geld aber anscheinend gar nicht? Die Gesellschaft erträgt ziemlich stillschweigend, wenn wenige immer reicher und viele immer ärmer werden. Das ist aber genauso unsolidarisch und sozial schädlich wie Hygieneartikel hamstern. Eigentum verpflichtet - und zwar heftig. Sonst sind die Reichen kein Stück besser als die Hamsterer. Und Schätze im Himmel sammeln sie auch keine.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Thomas Dörken-Kucharz