Das letzte Fest

Morgenandacht

Gemeinfrei via unsplash/ James Coleman

Das letzte Fest
Morgenandacht von Angela Rinn
28.03.2024 - 06:35
21.02.2024
Angela Rinn
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Gründonnerstag. Der Abend vor dem Karfreitag, an dem Jesus gekreuzigt wird. Dass Jesus am Vorabend seines Todes ein Mahl gefeiert hat, ist aufgrund des Überlieferungsbestands in der Bibel als gesichert anzunehmen. Allerdings: Die Vorstellung eines Abendmahls mit 13 Anwesenden ist wohl eher ein Leonardo-da-Vinci-Klischeebild. Wahrscheinlich sind sehr viel mehr Menschen dabei gewesen. Jesus wird mit Vielen gefeiert haben. Eines stimmt allerdings, auch dies in allen Quellen überliefert: Der Verräter ist mitten unter den Feiernden.

Jesus ist von Zeitgenossen als „Fresser und Weinsäufer“ bezeichnet worden. Seine Freude am gemeinsamen Essen und Trinken, am Geschenk des Feierns zeichnet ihn aus. Er hat sich mit unterschiedlichsten Menschen an einen Tisch gesetzt. Es müssen faszinierende Feste gewesen sein. Alle biblischen Berichte zeigen, dass die Beteiligten bei diesen Feiern die Gegenwart Gottes als ein sie überwältigendes Geschehen wahrnehmen konnten. Das war faszinierend – und anstößig.

Faszinierend und anstößig ist dann auch sein letztes Abendmahl. Wie immer hat Jesus nach jüdischem Brauch ein Segenswort über dem Brot und ein Dankgebet oder Segenswort über dem Weinkelch gesprochen. Bei seinem letzten Mahl gewinnen die üblichen Segensworte durch eine Ergänzung eine einzigartige Wirkung. Das ist mein Leib – das ist mein Blut. In der semitischen Sprache wirkt die Verknüpfung seiner Person mit Brot und Wein schon vom Sprachklang her eng. Zwischen Brot und Leib, Wein und Blut passt noch nicht einmal ein „ist“. Wie gewagt das klingt, wird ganz offen in der Bibel berichtet. Selbst den Jüngern ist das zu hart. Doch das Abendmahl als zentrales Vermächtnis von Jesus Christus haben schon die ersten Christen bewahrt.

Zur Mahlgemeinschaft am Gründonnerstag gehört der Verräter dazu. Der Verräter ist dabei kein Teilnehmer „zweiter Klasse“. Überdies: Als Jesus seine Freundinnen und Freunde darauf hinweist, dass einer von ihnen ihn verraten wird, sind alle betroffen. „Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, wird mich verraten“, heißt es im Matthäusevangelium.

Im Grunde ihres Herzens wissen alle, dass sie es sein könnten. Niemand kann sich ausschließen und freisprechen. Dennoch: Für die Zeit dieses Mahls sind sie zu einer Gemeinschaft zusammengebunden. Diese Gemeinschaft erträgt persönliche Abgründe. Das ist bis heute so. Jesus erträgt die Verräter, er erträgt es, wenn sich Menschen von ihm abwenden. Ich finde das überwältigend großherzig.  

So hat für mich der Gründonnerstag einen paradiesischen Glanz, obwohl der Schatten des Kreuzes schon auf das Festmahl fällt. Wie wundervoll ist es, dazugehören zu dürfen, selbst mit traurigem oder gar finsterem Herzen. Wie wohl tut es, einfach mitfeiern zu dürfen, einen Platz am Tisch zu haben, das Leben feiern zu dürfen, auch im Angesicht des Todes.

Wie auch immer in den Gemeinden und Kirchen heute die Abendmahls- und Eucharistiefeiern gestaltet werden, was für Schranken und Grenzen auch immer die Kirchen in ihrer Geschichte aufgestellt haben: Die grundsätzliche Botschaft, der Auftrag in Jesu Namen heißt: Alle sind eingeladen. Alle dürfen mitfeiern. Jeder Mensch hat Platz am Tisch des Christus. Um das Leben zu feiern.

Da beißt sich doch der Tod die Zähne aus, dem Karfreitag zum Trotz.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

21.02.2024
Angela Rinn