Starlink

Gedanken zur Woche

Gemeinfrei via unsplash.com (Ryan Hutton)

Starlink
Gedanken zur Woche mit Pfarrer Thomas Dörken-Kucharz
31.05.2019 - 06:35
07.02.2019
Thomas Dörken-Kucharz
Über die Sendung

Starlink – das Projekt will Internet weltweit ermöglichen. Und bedeutet 12.000 zusätzliche Satelliten in der Erdumlaufbahn. Stört das den Himmelsblick?  Wenn der bestirnte Himmel von menschengemachten Lichtpunkten überstrahlt wird?

 

Die Gedanken zur Woche im DLF.

Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

In der Wüste ließ Gott Abraham nachts hinaustreten vor sein Zelt und sprach zu ihm: „Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen?“ (1. Mose 15,5)

Diesen Sternenhimmel der Erzvaters Abraham konnte ich Anfang des Jahres in der Wüste Negev bewundern. Er hat mich überwältigt, denn ich war gar nicht auf ihn vorbereitet. Spätabends trat ich vor mein Häuschen im Kibbuz, um zu telefonieren. Ich stand abseits der Lichter – und war dann eine Zeitlang sprachlos, so zahlreich und hell leuchteten die Sterne. Man kann sie nicht zählen, war mein einer Gedanke. Und – was entgeht mir alles durch die Lichtverschmutzung in der Großstadt! – mein zweiter.

Diese Woche kam ein dritter Gedanke hinzu. Habe ich damals wirklich lauter Sterne gesehen – oder waren die hellsten Lichtpunkte schlicht Satelliten?

Vor einer Woche hat die Firma SpaceX mit einer einzigen Rakete gleich sechzig Satelliten ausgesetzt. Und das sind nur die ersten von insgesamt 11.927, die das Projekt mit dem Namen „Starlink“ umfassen soll. In gut 400 Kilometern Höhe kreisen sie über der Erde und reflektieren das Sonnenlicht, so sehr, dass sie mit bloßem Auge und nicht nur in der Wüste zu erkennen sind. Die Astronomen beschweren sich. Sie befürchten, dass so viele Satelliten den Blick in den Himmel verstellen. Ungefähr 200 Milliarden Sterne gibt es im Universum, vielleicht 450 davon sind in einer klaren Nacht mit bloßem Auge hier sichtbar. Mit dieser Riesenanzahl von Satelliten kommen möglicherweise hunderte neue Lichtpunkte dazu.

Stört das den Himmelseindruck? Schaue ich wirklich in unsere Galaxie, ins Universum, nachts, wenn ich weiter sehen kann als es die Atmosphäre tagsüber zulässt? Oder ist es vor lauter kreisenden Satelliten mehr und mehr ein menschengemachter Himmel, an dem die Satelliten teils heller leuchten als die Sterne? Rund 2000 Satelliten kreisen jetzt schon um die Erde (1). Und SpaceX ist nicht die einzige Firma, die ein solch neues Netz von Satelliten plant.

Natürlich werden die Satelliten nicht zum Spaß und zum Funkeln dort hinaufgebracht. Sie sind Teil eines ehrgeizigen Projektes, weltweit schnelles Internet per Satellit zu ermöglichen. Gegen schnelles und überall verfügbares Internet ist kaum etwas einzuwenden, vor allem wenn es den ländlichen, entlegenen und ärmeren Gebieten der Erde zu Gute kommt. Aber ich frage mich, zu welchem Preis. Da mögen die Kosten der eigentlichen Internetverbindungen via Starlink noch so günstig sein, den viel höheren Preis bezahlen alle: den zugepflasterten Himmel.

Und der Himmel gehört nicht privaten Firmen, sondern allen! Auch den Träumern und den Philosophen, den Astronomen wie den Astronauten, den Religiösen wie den Wissenschaftlern – einfach allen.

Ich bin gar nicht gegen Satelliten, ich nutze sie ja täglich selbst und zu meinem Vorteil – egal ob mit dem Fernsehen, beim Wetterbericht oder mit dem Navi im Auto oder Smartphone. Aber alle frei verfügbare Ressourcen kann niemand verantwortungslos nutzen. Wer den Himmel nutzt, muss sich auch kümmern, nicht zuletzt um den Weltraumschrott, der auch ohne 12.000 zusätzliche Satelliten schon längst ein Problem ist.

„Zwei Dinge“, so hat es einst der Philosoph Immanuel Kant ausgedrückt, „erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt:

Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir.

Ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewusstsein meiner Existenz.“ (2) Soweit Kant.

Es könnte ja sein, dass auch das moralische Gesetz wankt, wenn der bestirnte Himmel von menschengemachten Lichtpunkten überstrahlt wird. Doch was erfüllt mich dann mit Bewunderung und Ehrfurcht?

 

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  1. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36582/umfrage/anzahl-der-satelliten-im-all-verteilt-nach-laendern/
  2. Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft. Zweiter Theil. Beschluß

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

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07.02.2019
Thomas Dörken-Kucharz