Gottes Schwachheit

Wort zum Tage
Gottes Schwachheit
24.03.2021 - 06:20
19.03.2021
Evamaria Bohle
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Der lebendige Gott hat sich als parteiisch erwiesen. G-o-t-t steht auf der Seite der Schwäche. Bei den Sklavenarbeitern und Flüchtlingen, den entrechteten Frauen und missbrauchten Kin-dern. Gott identifiziert sich sogar mit ihnen. Das heißt im Umkehrschluss: Wer versklavt, ver-jagt, entrechtet und missbraucht, versklavt, verjagt, entrechtet und missbraucht Gott. Jeden-falls den Gott, der Allmacht in Liebe entfalten und vervielfältigen will, und dem ich unter an-derem in meiner Küche begegnen kann. Dann und wann. 
Die Ewige hat viele Namen, und ihre Vorliebe für die Schwachheit bringt erstaunliche Helden hervor. Heldinnen auch. In Gottes Team finden sich Stotterer wie das Findelkind Mose, Unbe-herrschte wie der musikalische David oder Gewaltmenschen wie der verzweifelte Elia. Männer und Frauen, die sich abmühen und Fehler machen. Manche können heilen, andere setzen an-gesichts von Krisen verrückte Ideen in die Tat um, fast alle haben Träume oder Hoffnung.  Einige laufen vor ihren Aufgaben davon, andere brechen in eine ungewisse Zukunft auf. Sie heißen Debora oder Jona oder Maria Magdalena. Und sie hören Gott. Dann und wann. 
Es gibt auch alte Eltern im Team Gott, Kinderreiche und Kinderlose, Betrüger, Opfer von Ge-walt und Täter. Ambivalenz ist kein Fremdwort. Manche werden mit Gott einflussreich und verfangen sich in ihrer Macht, andere werden einflussreich und kritisieren die Eliten. Die ei-nen wirken verrückt, andere genial. Gott sympathisiert mit den Schwächen seiner Menschen. 
Der lebendige Gott hat viele Namen, und sie ist parteiisch. Gott steht auf der Seite der Schwachen. Und auf der Seite derer, die sich öffnen für die Erfahrung, schwach zu sein. Ange-wiesen. Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig, heißt es. Wenn sie das denn möchten.
Im zweiten Testament wird erzählt, dass Gott in einem Stall zur Welt kommt. Als wehrloser Säugling einer minderjährigen Mutter. Ein Herumtreiber, Heiler und Menschenfreund. Nicht so ganz von dieser Welt, aber doch eine Autorität. Das Ende ist bekannt:  gefoltert, gekreuzigt, gestorben, begraben, betrauert. Unvergessen. Licht der Welt.
Mitunter ist schwer zu ertragen, dass die Allmacht dieses Gottes eine Aura der Schwäche hat. Gottes Macht greift selten durch. Sie entfaltet, was sich öffnen will, in Richtung Leben. Sie ist ein Hauch. Atmet in jeden Menschen die Fähigkeit zu lieben und schenkt ein Gewissen als Kompass. Bedingungslos.
 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

19.03.2021
Evamaria Bohle