Großzügig beschenkt

Wort zum Tage
Großzügig beschenkt
Gottes Gerechtigkeit
28.04.2017 - 06:20
26.04.2017
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh

„Das ist doch ungerecht!“ Da sind sich die Sechstklässler einig.

 

Wir haben miteinander ein Jesusgleichnis gelesen. Da wird erzählt, wie ein Weinbergbesitzer über den Tag immer wieder auf den Marktplatz geht und Arbeiter anstellt. Früh am Morgen hatte er sich mit den ersten auf den üblichen Tagessatz von einem Denar geeinigt. Das war gerade soviel, dass eine Familie einen Tag halbwegs damit bestreiten konnte. Als die Arbeiter nun am Abend entlohnt werden, beginnt der Besitzer mit denen, die er kurz vor Feierabend noch eingestellt hatte. Sie bekommen einen Denar. Und auch die, die schon seit dem frühen Morgen für ihn gearbeitet haben, bekommen einen Denar. „Das ist ungerecht! Die müssten doch mehr bekommen!“ Lennard ist richtig aufgeregt.

 

„Ja, Gottes Gerechtigkeit hat andere Maßstäbe als unsere menschliche“, denke ich und nehme einen Zwanzigeuroschein in die Hand. „Stell Dir vor, Du bist der Weinbergbesitzer. Du hast richtig viel Arbeit in Deinem Weinberg und stellst über den Tag immer wieder fest, dass Du noch mehr Leute für die Weinlese brauchen könntest. Also gehst Du wieder zum Markt. Da stehen die Menschen, die jeden Tag neu losgehen und sehen müssen, dass sie Arbeit bekommen.“ Lennard hört interessiert zu. „Von Simon, mit dem Du als Kind öfter gespielt hast, weißt Du, dass er eigentlich immer im Nachbardorf nach Arbeit sucht. Als Du ihn am Nachmittag bei Euch auf dem Marktplatz siehst, weißt Du: heute hat er dort keine Arbeit gefunden. Du stellst ihn ein, weil er fleißig ist und es kann. Simon hat vier Kinder. Und dann ist es Abend und mit zwanzig Euro hat er wenigstens morgen genug für seine Familie zu essen. Du kannst es Dir locker leisten, ihm auch nur für einige Stunden Arbeit das Geld zu bezahlen. Was würdest Du tun?“

 

Jetzt schaue ich in interessierte Kindergesichter. Ja, was würden sie tun? „Na ich würde ihm das Geld geben!“ Lennard ist noch nicht zufrieden. „Aber die anderen, die müssten dann mehr Geld bekommen!“

 

Ich denke „Gibt es mehr als genug?“ und frage zurück: „Warum?“

 

„Na, weil sie mehr gearbeitet haben!“ Kinderlogik, Menschenlogik.

 

„Das hat der Weinbergbesitzer nicht mit ihnen vereinbart. Sie haben alle genug zum Leben bekommen, für sich und ihre Familien. Braucht man mehr?“

 

Jetzt sind sie nachdenklich. Was braucht man? Wie viel ist genug? Und kann ich, wenn ich genug habe, anderen genau dieses Genug gönnen? Gottes Logik sieht so aus: gerecht ist, Menschen gerecht zu werden; allen genug zum Leben zu geben. Der Kinderlogik hat das dann eingeleuchtet.

26.04.2017
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh