Gott kommt zu dritt

Gemeinfrei via unsplash / Simon Berger

Gott kommt zu dritt
03.06.2023 - 10:00
02.06.2023
Martin Vorländer

Am Sonntag Trinitatis geht es um die Dreieinigkeit Gottes. Christinnen und Christen glauben: Der eine Gott zeigt sich als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Drei ist gleich eins. Mathematisch stimmt das nicht. Theologisch und im Herzen soll die Rechnung aufgehen.

 

Gott, der Vater und Schöpfer. Gott, der Sohn – Jesus Christus. Gott – heilige Geistkraft. Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes ist ein Herzstück des christlichen Glaubens. Von jüdischer und muslimischer Seite kommt die Kritik: Ihr Christen glaubt doch gar nicht an den einen Gott, sondern an drei.  Auch Christinnen und Christen selbst tun sich mitunter schwer: Was soll das sein? Gott? Ein Gott, der in Jesus Mensch wird und dabei trotzdem Gott bleibt? Und dann noch so etwas wie der Heilige Geist, der ebenfalls ganz Gott ist?

Erst mal flogen die Fetzen

Über solchen Fragen haben bereits die Christen der ersten Jahrhunderte gebrütet – und sich heftig darüber gestritten. Es brauchte Druck von außen, damit sie sich auf ein Glaubensbekenntnis einigten. Dieser Druck kam im 4. Jahrhundert von Kaiser Konstantin. Er hat die Christenverfolgung im Römischen Reich beendet. Mehr noch: Er machte das Christentum zu einer privilegierten Religion. Aber dafür konnte der Kaiser keinen Streit unter den Christen gebrauchen. Er wollte Einigkeit. Deshalb hat er alle Bischöfe aus seinem Römischen Reich zu einem Konzil nach Nizäa eingeladen - heute das türkische Iznik in der Nähe von Istanbul, vormals Konstantinopel. Jetzt um diese Jahreszeit, im Mai und Juni im Jahr 325 n. Chr., fand das Konzil dort statt.
Erst mal flogen die Fetzen. Kaiser Konstantin griff ein, machte einen Formulierungsvorschlag und setzte sich durch. Am Ende unterschrieben die meisten ein gemeinsames Glaubensbekenntnis. Das besagte: Jesus Christus ist wahrer Mensch – und wahrer Gott genauso wie der Schöpfer der Welt und genauso wie der Heilige Geist. Man nennt es heute das Glaubensbekenntnis von Nizäa und Konstantinopel, an hohen Festtagen wird es vielerorts gemeinsam gesprochen.

Im Ohr und im Herzen

Ich staune, was für ein schönes Glaubensbekenntnis bei dem ganzen Hin und Her herausgekommen ist. In meinen Ohren klingt es wie ein Hymnus, ein Lobgesang auf Gott, der den Menschen als Schöpfer, Erlöser und Geist begegnet und ihnen – mal so, mal so – ganz nahe ist.
„Gott von Gott, Licht vom Licht.“ Für mich zeitlos schön. „Licht vom Licht“, das habe ich im Ohr und im Herzen, wenn ich in aller Herrgottsfrühe meine Morgenrunde mache und die Sonne aufgehen sehe. Und ich stehe inmitten dieser lichtgefluteten Landschaft. Ja: Ich bin Leben inmitten von Leben, das leben will. Ich glaube, dass Gott die Welt geschaffen hat und ihr jeden Tag, jede Nacht neu Leben schenkt. Gott ist nicht teilnahmslos, sondern liebevoll wie ein Vater und eine Mutter. Das Glaubensbekenntnis sagt: Wir glauben an Gott, den Allmächtigen. Ich für mich formuliere: „der in allem mächtige“. Denn ich erkenne nicht überall Gottes Allmacht. Dafür gibt es zu viel Lieblosigkeit, menschliche Grausamkeit und Naturkatastrophen, hinter denen ich keinen Plan sehen kann. Aber ich halte daran fest: Am Ende setzt sich Gottes Liebe durch. Sie ist in allem mächtig und hinterlässt schon jetzt ihre Zeichen und Spuren.

Jede Menge Strahlen

Gott von Gott, Licht vom Licht, in Jesus Christus vom Himmel gekommen. Wie ein Lichtstrahl vom Himmel zur Erde, so ist Jesus Christus für mich. In den Erzählungen von Jesus beginnen die Menschen zu leuchten, die ihm begegnen. Ich glaube und vertraue darauf: Es gibt Gottes Licht in jedem Menschen, auch in mir. Und ja, es gibt finstere Orte, schreckliche Situationen, fürchterliche Nächte, die mir endlos vorkommen. Aber Dunkelheit für immer gibt es nicht. Jesus Christus, Licht vom Licht, scheint in der Finsternis. Danach suche ich jeden Tag neu. Und das ist meine Hoffnung fürs Sterben: Christus leuchtet mir voran durch das Dunkel des Todes hindurch, zieht mich hinein ins Licht.

Gott von Gott, Licht vom Licht. Schließlich Gottes Geist, die dritte Person der Dreifaltigkeit Gottes. Ich verweile noch einmal beim Sonnenaufgang. Die Sonne, ihr Strahlen und schließlich ihr Licht auf meinem Gesicht. So verstehe ich Gottes Geistkraft. Wie die Wärme der Sonne auf meiner Haut. Die Wirkung Gottes auf mich und in meinem Leben. Nicht nur in meinem, sondern genauso im Leben der anderen und in Verbindung mit ihnen. Es gibt Verbindung untereinander auch über räumliche und zeitliche Distanz hinweg. Ich stelle mir das vor wie die Strahlen des Heiligen Geistes, die uns verbinden. Mir kommt es öfter so vor, als flögen die Gedanken und Gebete füreinander von Herz zu Herz.

Die Dreieinigkeit Gottes. Der eine Gott zeigt sich als Schöpfer, als Erlöser Jesus Christus, als Geistkraft, die untereinander verbindet. Immer und überall wie die Sonne, wie ihr Strahlen, wie ihr Licht auf meinem Gesicht.

 

Literaturhinweis:
Vgl. Text des Glaubensbekenntnisses z.B. im Evangelischen Gesangbuch, Nr. 805.

02.06.2023
Martin Vorländer