Ja zum Frieden

Wort zum Tage
Ja zum Frieden
04.11.2019 - 06:20
29.08.2019
Christina-Maria Bammel
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Euphorie lag über dem Abend des 4. Novembers 1995 in Tel Aviv. „Ja zum Frieden, nein zur Gewalt“ – dieser Aufruf brachte rund hunderttausend Menschen zusammen. Sie feierten das zweite Oslo-Abkommen. Tanzen und Singen überall. Dann sprach der israelische Premierminister Yitzhak Rabin. In den Wochen zuvor wurde er heftig angefeindet, immer wieder. Anbiedern würde er sich bei den arabischen Staaten, bei Arafat. Aber da sind auch die vielen anderen Stimmen, die endlich Frieden wollen. An diesem Abend sind sie in der Mehrzahl: Rabin dankt ihnen, dankt allen, die den Weg des Friedens mitgehen wollen, jedem einzeln, wie er betont. Dieser Friedensweg sei jedem Kriegsweg vorzuziehen. Das sage er als Mann, der 27 Lebensjahre im Militär zugebracht habe. Die Worte prägen sich tief ein. Es sind seine letzten öffentlichen Worte. Als Rabin die Bühne verlässt, fallen Schüsse, ein fanatisch-mörderischer Anschlag. Später stirbt der Premierminister im Hospital. Aus der Euphorie wird Fassungslosigkeit. Wie gelähmt stehen die Menschen vor dem Krankenhaus, viele fassen sich an den Händen oder halten Kerzen. Manche beginnen leise zu singen. Der Nobelpreisträger und Staatsmann tot – und was wird aus dem Friedensprozess? Eine Welle der Trauer ging um die ganze Welt. Ich erinnere mich noch an den Morgen danach in Berlin, das Ringen um Worte im Gottesdienst. Sechs Jahre zuvor hatte ich hier einen anderen vierten November erlebt. Ebenfalls euphorisch, bewegt und bewegend wurde da demonstriert für die Zukunft eines Landes. Bleibt es um Himmels willen friedlich? Ich hatte damals nicht einen Augenblick ernsthaft daran gezweifelt. Warum eigentlich nicht? Das ist im Nachhinein schwer zu sagen. Ein festes Vertrauen, dass es irgendwie gut ausgehen wird, habe ich in mir getragen – gemeinsam mit vielen anderen damals auf dem Berliner Alexanderplatz. Berlin und Tel Aviv, die Konflikte und die Ursachen dahinter waren und sind so tief verschieden! Aber Menschen hier wie dort lesen dieselben Texte, teilen miteinander biblische Gebete, bitten gemeinsam um Kraft, dem Frieden nachzujagen und hören den Propheten Jesaja (26,3) sagen: „Wer festen Herzens ist, dem bewahrst du Frieden; denn er verlässt sich auf dich, Gott.“ Schulen, Straßen, Plätze in Deutschland und Israel tragen heute Yitzhak Rabins Namen. Der Friede hat keine Grenzen, hatte Rabin beim Unterzeichnen des Abkommens gesagt. Doch. Der Friede wird immer wieder begrenzt und eingezwängt. Nur nicht zulassen, dass er in die Knie gezwungen wird! Nur nicht aufhören, den Frieden zu suchen auf den Straßen, Plätzen und in den Schulen!

 

Es gilt das gesprochene Wort.

29.08.2019
Christina-Maria Bammel